eHealth: Umstrittenes Unternehmen Palantir gewinnt größten Datendeal Englands​

Das für seine Spionage-Software bekannte Unternehmen Palantir bekommt einen Auftrag für das englische Gesundheitswesen. Bürgerrechtler und Ärzte sind alarmiert.

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Palantir-Logo

(Bild: Spyro the Dragon/Shutterstock.com)

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Er wird auch als der größte Datendeal in der Geschichte des National Health Service (NHS) Englands beschrieben. Dort wurde ein Auftrag im Wert von 480 Millionen Pfund an das umstrittene US-Unternehmen Palantir vergeben, das für seine Überwachungssoftware bekannt ist. Doch genau dieses Unternehmen wurde, wie sich bereits abzeichnete, jetzt mit der Verwaltung von Daten des englischen Gesundheitswesens betraut. Dazu soll eine neue "Federated Data Platform" zum Einsatz kommen.

Aufgrund von Palantirs Vergangenheit löst das bei vielen Menschen Bedenken wegen der Datensicherheit der Gesundheitsdaten aus. Palantir stand unter anderem in der Kritik, weil manche Regierungen mit der Software ihre Bürger ausspionieren. Zu den Partnern, mit denen Palantir den Aufbau und Betrieb der Datenplattform in Angriff nehmen soll, gehört unter anderem Accenture und PwC. Die Cloud-Plattform sollen AWS und Microsoft stellen, wie aus einer Pressemitteilung von Palantir hervorgeht.

Palantir ist unter anderem für seine enge Zusammenarbeit mit Geheimdiensten, Polizei sowie dem Militär bekannt. Darüber hinaus kommt die Software des Unternehmens auch in weiteren Sektoren wie Energie, dem Gesundheitswesen, Verkehr, Telekommunikation und Finanzen zum Einsatz.

Mit der geplanten Plattform sollen einzelne Gesundheitsdienstleister sowie 42 Versorgungssysteme des NHS digital miteinander kommunizieren und Daten austauschen, um die Versorgung zu verbessern. Ebenso sollen Echtzeitdaten über die Anzahl der Betten in Krankenhäusern, Wartelisten für geplante Behandlungen sowie Personalpläne für geplante Behandlungen im System zu finden sein, etwa um Operationen schneller durchführen zu können.

Vor der Vergabe hatte das Unternehmen bereits einen Auftrag für eine Plattform erhalten, die zunächst einen symbolischen Britischen Pfund kostete, und während der Coronakrise bei der Verwaltung von Gesundheitsdaten helfen sollte. Der Auftrag wurde laut dem britischen Medium Yorkshire Bylines "im Geheimen" vergeben. Heraus kam das erst, nachdem die Nachrichtenplattform Opendemocracy 2021 die Offenlegung des Vertrags erwirkt hatte, der zum damaligen Zeitpunkt 21 Millionen Pfund betrug. Später hatte Palantir weitere insgesamt rund 40 Millionen Pfund erhalten, unter anderem um die Daten in die neue Gesundheitsplattform zu übertragen.

Die Entscheidung wurde von Bürgerrechtsgruppen aus verschiedenen Bereichen kritisiert, die ihr Unbehagen über Palantir und die Möglichkeit ausdrückten, dass Patientendaten in falsche Hände geraten. Aus Sicht von Amnesty International hätte der Auftrag gar nicht erst an Palantir vergeben werden dürfen. Schließlich sei das Unternehmen "an schweren Menschenrechtsverletzungen" beteiligt. Donald Trump, der bei seiner Wahl auch von Palantir-Gründer und Tech-Milliardär Peter Thiel unterstützt wurde, hatte Software des Unternehmens für "Investigative Case Management" zur Organisation der Deportation Millionen illegaler Einwanderer eingesetzt.

Palantir hätte aus dem Vergabeprozess ausgeschlossen werden müssen, sagt Peter Frankental von Amnesty International. Die Öffentlichkeit brauche "die Gewissheit, dass ihre persönlichen Daten von Palantir nicht für Zwecke gesammelt werden, die wenig mit ihrer Gesundheit zu tun haben", ergänzt Frankental.

Die British Medical Association beschrieb die Vergabe als "zutiefst besorgniserregend". Zuvor hatte die britische Ärzteorganisation verschiedene Kritik, unter anderem zum intransparenten Verfahren, an der sich anbahnenden Vergabe geäußert. Es drohe unter anderem ein Vertrauensverlust in die behandelnden Ärzte, wie das Fachblatt BMJ berichtet.

Laut dem NHS England könne Palantir nicht ohne ausdrückliche Zustimmung auf Gesundheits- und Pflegedaten zugreifen, berichtet The Guardian. Die neue Software werde durch den Einsatz von "Technologie zur Verbesserung der Privatsphäre" durch die "höchstmöglichen Sicherheitsstandards" geschützt, heißt es.

Ein massiver Kritikpunkt ist außerdem, dass Patienten keine Opt-out-Möglichkeit erhalten, also nicht widersprechen können, dass ihre Gesundheitsdaten in die Hände von Palantir und seinen Projekt-Partnern gelangen. Grund dafür sei, dass angeblich alle Daten anonymisiert würden. Dagegen könnte aber geklagt, wie aus einem Bericht von Digitalhealth.net hervorgeht.

(mack)