Das US-amerikanische Urheberrecht in der Schieflage

Experten diskutierten an der Universität Berkeley das US-amerikanische Urheberrecht und warnten vor extremer Auslegung.

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Die Anwendung des US-amerikanischen Urheberrechts weicht inzwischen immer öfter von dem ab, was ursprünglich mit den Gesetzen erreicht werden sollte, meinen Rechtsgelehrte, Wissenschaftler und IT-Experten laut Cnet. Sie warnten auf einer Konferenz an der Universität Berkeley vor Überdehnung des Digital Millennium Copyright Act (DMCA). Als ein Beispiel diente ihnen der Rechtsstreit zwischen dem Druckerhersteller Lexmark und dem Hersteller von Refill-Zubehör Static Control. Ein US-Gericht hat Static Control bis auf Weiteres untersagt, den Smartek Chip herzustellen und zu verbreiten. Nur mit Hilfe solcher Chips können wiederbefüllte Tonerkartuschen in bestimmten Lexmark-Druckern eingesetzt werden, weil sie eine Füllstandsabfrage der Druckerfirmware außer Kraft setzen.

Solche Interpretationen des DMCA förderten nicht die allgemeine Akzeptanz von Urheberrechten, sondern die extreme Auslegung des Gesetzes. Rechtsprofessor Larry Lessig, ausgewiesener Gegner des DMCA, fordert daher eine grundlegende Korrektur der Gesetze. Er hat, so wie viele andere Teilnehmer der Konferenz, dagegen weniger gegen technische Maßnahmen wie das Digital Rights Management einzuwenden, mit denen Urheberrechtsinhaber ihre Rechte zu schützen suchen.

Der Rechtsprofessor Joseph Liu sieht Unsicherheiten bei Forschern und Entwicklern wachsen und deshalb eine Neigung zur "Selbstzensur". Es sei schließlich immer die Gefahr gegeben, zum Beispiel bei der Erforschung von Kopierschutztechniken und ihrer Umgehung gegen die Rechte zu verstoßen und deshalb verklagt zu werden. Edwar Felten, Computerwissenschaftler an der Universität zu Princeton, erlebte dies am eigenen Leib. Die Recording Industrie Association of America (RIAA) hatte ihm mit Berufung auf den DMCA untersagt, Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, in denen Schwächen von digitalen Kopierschutztechniken für Musikdateien aufgezeigt werden.

Zwar habe ein Gericht das Verlangen der RIAA abgewiesen, doch sei dies Vorgehen inzwischen allgemein üblich -- ähnlich wie in der Software-Branche. So hatte kürzlich die Uni Münster eine Abmahnung der Business Software Alliance bekommen, weil sie angeblich die Software Microsoft Office illegal verbreite. Dabei habe die Uni lediglich Dateien für das Open-Source-Programm OpenOffice auf ihrem FTP-Server angeboten.

Trotz aller Verunsicherung gibt es mittlerweile mehrere Fälle, in denen sich die Betroffenen wehren. Der Student und Computerspezialist Ben Edelman beispielsweise klagt gegen den DMCA, weil er sich bei seinen Forschungsarbeiten behindert fühlt. Er will erreichen, dass seine Forschungsarbeiten zu den URL-Blocklisten der Firma N2H2 für rechtmäßig und der DMCA teilweise für verfassungswidrig erklärt wird.

"Wir wollen die Anwender nicht reglementieren, wofür sie ihre Computer einsetzen", warf John Manferdelli, Manager der Sparte Windows Trusted Platform Technologies ein und argumentierte für die Pläne seiner Firma für Next Generation Secure Computing Base, vormals unter dem Codenamen Palladium bekannt. Digital Rights Management soll von dieser künftigen Windows-Komponente profitieren. Doch sei es nicht so einfach, wie es sich mancher Microsoft-Entwickler vorstellt, den Wünschen der Verbraucher nach einem "fair use" mit ihren digitalen Medien nachzukommen; das Recht auf die private Kopie zu reglementieren, verursache komplexe rechtliche Probleme, hieß es auf der Konferenz. Solche Gesetze würden nicht helfen, glaubt Joseph Liu.

Siehe dazu auch: (anw)