EU-Parlament will allgemeine Überwachung verbieten

Die Kritik am Bericht des Echelon-Ausschusses führt zu einem Änderungsantrag für eine geplante Datenschutzrichtline.

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Von
  • Florian Rötzer

Die Kritik am Bericht des Echelon-Ausschusses führt nun zu einem Änderungsantrag für eine geplante Datenschutzrichtline. Der Ausschuss des Europäischen Parlaments hatte erst letzte Woche den endgültigen Bericht über das US-Lauschsystem Echelon gebilligt. Darin heißt es, dass das Lauschsystem existiert und dass es gegen europäisches Recht verstoßen würde, falls ein EU-Mitgliedsland daran beteiligt wäre, mit Echelon die Kommunikation von EU-Bürgern für den Zweck der Konkurrenzspionage abzuhören. Überdies würde ein Abhörsystem wie Echelon, das die gesamte Kommunikation durchsucht, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und so die Europäische Menschenrechtscharta verletzen. EU-Mitgliedsländer würden gegen die Menschenrechtscharta auch dann verstoßen, wenn auf ihrem Territorium das Abhören für andere Geheimdienste erlaubt sei.

Die Empfehlungen gingen allerdings einigen Mitgliedern des Echelon-Ausschusses nicht weit genug. Maurizio Turco kritisierte in einem Minderheitenvotum, dass auch Frankreich, Deutschland und Holland die technischen Möglichkeiten des Rundum-Abhörens besitzen. Die Bündnisgrüne Ilka Schröder kritisiert zusammen mit Alima Boumediene-Thiery (Frankreich) und Patricia McKenna (Irland), dass in dem Bericht der Aufbau eines europäischen Geheimdienstes befürwortet und mit keinem Wort auf die Enfopol-Abhörpläne eingegangen wird. Sie wenden sich dagegen, dass nur Wirtschaftsspionage verurteilt wurde; politische Spionage sei eine wesentlich größere Bedrohung. In ihrem Minderheitenvotum plädieren sie für eine Abschaffung der Geheimdienste überhaupt, da diese nie wirklich demokratisch kontrollierbar seien.

Auch Marco Cappato, Mitglied des Echelon-Ausschusses und Berichterstatter des "Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten" will flächendeckender elektronischer Überwachung einen Riegel vorschieben. So wurden jetzt auf dem Hintergrund von Echelon Änderungsvorschläge für den "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation" eingebracht. Die Vorschläge wollen den Schutz der Privatsphäre besser sichern und Lauschsysteme wie Echelon, die alles abhören, rechtlich verbieten lassen.

Unter anderem soll den Mitgliedsstaaten nicht mehr freigestellt werden, Maßnahmen für den Schutz des Staates oder die Durchsetzung des Strafrechts zu ergreifen, wie die EU-Kommission dies wollte. Vielmehr sollen die Mitglieder bei der Ergreifung solcher Maßnahmen und bei rechtmäßigen Überwachungen des elektronischen Komunikationsverkehrs "auf der Grundlage einer spezifischen Rechtsvorschrift handeln". Auch bei den vom Echelon-Bericht ausgeklammerten Fällen rechtmäßigen Lauschens soll eine "großangelegte exploratorische oder allgemeine elektronische Überwachung" verboten sein. Das Europäische Parlament wird am Mittwoch über die Änderungsvorschläge entscheiden.

Mehr in Telepolis: EP will großangelegte elektronische Überwachung verbieten sowie ein Gespräch mit der grünen EP-Abgeordneten Ilka Schröder: Alle Geheimdienste sind undemokratisch. (fr)