Türkische Regierung will das Internet kontrollieren

Gegen das vom Parlament bereits angenommene Mediengesetz hat der türkische Staatspräsident ein Veto ausgesprochen.

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Von
  • Florian Rötzer

Mit der Presse- und Meinungsfreiheit ist es in der Türkei nicht zum Besten gestellt: Durch ein neues, sehr umstrittenes Mediengesetz, das vom Parlament bereits vor zwei Wochen angenommen wurde, sollte die Kontrolle verstärkt und zudem auch auf das Internet ausgeweitet werden. Jetzt hat der türkische Staatspräsident Necdet Sezer sein Vetorecht benutzt und das Gesetz als undemokratisch abgelehnt. Es würde auch das Versprechen gegenüber der EU, demokratische Reformen durchzuführen, brechen. Das Gesetz geht wieder an das Parlament zurück. Sollte Sezer nach einer erneuten Vorlage wieder Einspruch erheben, müsste das Verfassungsgericht entscheiden.

Schon das bestehende Mediengesetz aus dem Jahr 1994 räumte der Medienaufsichtsbehörde RTÜK (Hoher Rundfunk- und Fernsehrat) große Rechte aufgrund höchst vager Kriterien ein, die auch gerne genutzt werden, um Zensur auszuüben und Sendeverbote zu verordnen. Verboten werden können auch im neuen Gesetz Sendungen oder Artikel, die die nationale Einheit des Landes bedrohen oder gegen die Reformen Atatürks gerichtet sind, die Unterschiede zwischen Menschen betonen und zu Hass oder Feindschaft führen oder gegen die Moralvorstellungen der türkischen Familie verstoßen. Auch Depressionen sollen sie nicht auslösen.

Das neue Gesetz sieht vor, dass die Mitglieder der Medienaufsichtsbehörde überwiegend von der Regierung gestellt werden können und die Einschränkungen entfallen, die die Entstehung von Medienmonopolen verhindern sollten. Sende- und Erscheinungsverbote sollen durch hohe Geldstrafen ersetzt werden. Zur Kontrolle des Internet soll das Gesetz auch alle Inhalte einschließen, die hier veröffentlicht werden. Websites werden Fernsehsendern oder Zeitungen gleichgestellt und müssen in Zukunft bei staatlichen Behörden angemeldet werden. Das Gesetz ist dabei so vage, dass möglicherweise, wie Kritiker warnen, auch alle Homepages der Zensur der RTÜK unterworfen und die Internetprovider für den Inhalt der von ihnen gehosteten Seiten verantwortlich gemacht werden könnten.

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