Das Tauziehen um E-Pressespiegel geht in die nächste Runde

Das Patentamt musste auf Grund einer Gesetzeslücke eine Untersagungsverfügung gegen die Presse-Monitor-Gesellschaft der deutschen Verlagsgrößen zurückziehen.

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Bei der Presse-Monitor Deutschland GmbH (PMG) knallten vergangene Woche die Sektkorken: Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hat sein im März ausgesprochenes vorläufiges Betriebsverbot für die Berliner Gesellschaft aufgehoben. Somit kann die Firma, hinter der mit Axel Springer, Burda, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Gruner + Jahr, Spiegel, Süddeutscher Verlag und Handelsblatt die größten Medienkonzerne Deutschlands stehen, zunächst weiter ganz offiziell Firmen und Behörden Inhalte für die Erstellung elektronischer Pressespiegel anbieten. Die PMG sieht sich damit als "endgültigen Sieger" aus einem halbjährigen Rechtsstreit hervorgehen.

Die Kernfrage, ob die Presse-Monitor-Gesellschaft eine Verwertungsgesellschaft mit allen Rechten und Pflichten ist und damit der Aufsicht des Patentamts unterliegt, ist aber nach wie vor ungeklärt. Bisher verlief das juristische Verfahren allein im Bereich einstweiliger Verfügungen, in dem die Hauptproblematik nur am Rande berührt wurde. So hatte das Bayerische Verwaltungsgericht in München einem Widerspruch der PMG gegen die Untersagungsverfügung des Patentamts Mitte Mai stattgegeben. Auch eine im August eingelegte Beschwerde vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurde abschlägig entschieden. Der Einspruch scheiterte vor allem an der Tatsache, dass im Urheberwahrnehmungsgesetz, das dem Streit zu Grunde lag, keine echte Handhabe für ein Einschreiten des Patentamts vorgesehen ist. Die Behörde hob ihre Verfügung gegen die PMG daher jetzt notgedrungen "ersatzlos" auf. Sie geht aber weiter davon aus, dass das Verlagsunternehmen wie eine Verwertungsgesellschaft agiert.

"Wir sind in einer absurden Situation", erklärte Ferdinand Melichar, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) den Fall gegenüber heise online. Im Wahrnehmungsgesetz sei schlicht vergessen worden, eine Ermächtigung zum üblichen verwaltungsrechtlichen Vorgehen gegen betroffene Institutionen einzubauen. Falls die mangelhafte Rechtsgrundlage nicht baldmöglichst -- etwa im Rahmen der geplanten Urheberrechtsnovelle -? geändert würde, könne in Zukunft ja auch die VG Wort machen, was sie wolle. "Wir arbeiten hier unter der vollen Aufsicht des Patentamts, die sich bis zum potenziellen Entzug der Arbeitserlaubnis erstreckt", so Melichar. Da könne es nicht angehen, dass für andere faktisch als Verwertungsgesellschaften auftretende Unternehmungen Sonderregelungen gälten.

Um den "totalen Krieg" zu vermeiden, hat die VG Wort inzwischen allerdings Gespräche mit der ungeliebten Konkurrenz aus Berlin aufgenommen. Grundlage ist das Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) vom Juli, mit dem der Münchner Verwertungsgesellschaft klar die Zuständigkeit für die elektronischen Pressespiegel und die entsprechende Verteilung der Autorenvergütungen zugesprochen wird. Damit einher gehen enge Bedingungen wie die Nutzung von Artikeln nur als grafische Datei, die für die PMG nicht gelten. Melichar spricht der Firma daher eine "Daseinsberechtigung" zu. Er denkt dabei vor allem an den Servicebereich, da die PMG im Gegensatz zur VG Wort Suchanfragen im Blätterwald bearbeiten und daraus E-Pressespiegel erstellen dürfe. Bei einem Vertragsabschluss mit seiner Gesellschaft müssen die Partner in Firmen oder Behörden dagegen selbst die eigene Presseschau erstellen.

Bei der möglichen Kooperation bleiben jedoch noch zahlreiche Streitpunkte offen. So ist laut Melichar nach wie vor "höchst umstritten", ob Verlage von ihren Autoren alle Rechte zur Verwertung von Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträgen in Pressespiegeln haben. Große Medienhäuser wie die Süddeutsche Zeitung seien zwar auch an ihre freien Mitarbeiter mit neuen Abtretungsverträgen herangetreten, um sich genau für diesen Fall zu wappnen. Doch für deren Wirksamkeit, die auch noch unter dem Gesichtspunkt des neuen, die Stellung der Kreativen stärkenden Urhebervertragsrechts zu prüfen sei, müssten wirklich alle Freien unterschrieben haben.

Wie immer geht es in den weiteren Verhandlungen mit der PMG und den dahinter stehenden Verlagsgrößen, die bis Ende November über die Bühne gehen sollen, um viel Geld: Allein für Papier-Pressespiegel hat die VG Wort 2001 rund 4,6 Millionen Euro an Vergütungen eingezogen und unter den von ihr vertretenen Autoren verteilt. Da die PMG seit April 2001 tätig ist und inzwischen etwa 110 deutschsprachige Publikationen digital verfügbar macht, sieht Melichar notfalls auch noch Raum für Schadensersatzansprüche der um ihre Einkünfte gebrachten Autoren. Eine entsprechende Möglichkeit habe das Verwaltungsgericht München offen gelassen. (Stefan Krempl) / (jk)