c't 16/2023
S. 3
Standpunkt

Gesundheitsdaten: Not For Sale

Wann sie das letzte Mal Geschlechtsverkehr hatten, ob und wie dabei verhütet wurde, den Zeitpunkt des Einsetzens der letzten Periode, Intensität und Dauer der Menstruation, die Zykluslänge und viele intime Daten mehr – Millionen Frauen weltweit dokumentieren ihre Monatszyklen mithilfe von Apps. Grundsätzlich ist das eine gute Idee. Man lernt den eigenen Zyklus besser kennen, kann sich den ersten Tag der nächsten Periode relativ genau vorhersagen lassen und stellt früher Unregelmäßigkeiten fest, die ärztlicher Aufklärung bedürfen. Wer schwanger werden will, findet in einer Zyklustracking-App ein nützliches Hilfsmittel bei der Feststellung der fruchtbaren Tage; wer eine Schwangerschaft vermeiden möchte und dabei auf natürliche Methoden der Empfängnisverhütung setzt, ebenso. Dass das als weniger sicher gilt als viele andere gängige Arten der Verhütung, steht auf einem anderen Blatt.

Am 24. Juni 2022 hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten eine Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht von 1972 aufgehoben. Sie hatte Frauen grundsätzlich das Recht gegeben, über Abbruch oder Fortführung einer Schwangerschaft selbst zu entscheiden. In manchen US-Staaten sind Schwangerschaftsabbrüche seitdem verboten. In der Folge rückte die Tatsache, dass viele populäre Zyklus-Apps die Daten ihrer Nutzerinnen an Dritte – etwa an sogenannte Datenbroker – weitergeben, in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Solche Daten werden zwar in der Regel anonymisiert verkauft, können in vielen Fällen mit etwas Mühe aber durchaus einer einzelnen Person zugeordnet werden. Für Frauen in Ländern, in denen Schwangerschaftsabbrüche illegal sind – in Europa etwa Polen –, kann das aus naheliegenden Gründen gefährlich sein. 

In einer Studie aus dem Jahr 2022 hatte Mozilla 18 von 25 untersuchten Zyklustracking-Apps und Health-Wearables das Warnlabel "Privacy not included" (in etwa: Privatsphäre nicht gewährleistet) verpasst.

Vielen Nutzerinnen scheint das allerdings nach wie vor nicht bewusst, darauf deuten die Downloadzahlen kommerzieller Zyklus-Apps, die in puncto Datenschutz Nachholbedarf haben, hin. Zurück zu Papier und Bleistift muss, wer von diesen Tatsachen – zu Recht – alarmiert ist, allerdings nicht. Denn es gibt durchaus datensparsame und damit empfehlenswerte Alternativen. Eine davon stellen wir auf Seite 82 vor.

Kathrin Stoll
Kathrin Stoll

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