c't 9/2023
S. 34
Aktuell
Breitbandausbau
Sina Schuldt / dpa

Punkte sammeln fürs Breitband

Fördertöpfe für High-Speed-Internet: Mehr Plan, weniger Gießkanne

Es geht um jährlich 3 Milliarden Euro aus dem Haushalt des Bundes und ebenso viel aus den Ländern – und darum, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen.

Von Falk Steiner

Eigentlich sollten die Gelder zur Breitbandförderung bis Ende 2022 reichen. Doch bereits im Oktober waren die Töpfe leer und die Gesichter bei so manchem potenziellen Antragsteller lang [1]. Um die Verteilung der Gelder besser steuern zu können und die Mittel dorthin zu leiten, wo sie wirklich gebraucht werden, hat das Digitalministerium unter Volker Wissing (FDP) eine neue Richtlinie erarbeitet. Sie soll im April veröffentlicht werden und zunächst bis Ende 2025 gelten.

Wesentlicher Kernpunkt soll ein veränderter Vergabemechanismus sein: Jedes Bundesland soll zunächst einen festen Sockelbetrag erhalten. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen bekommen den Plänen zufolge jeweils 75 Millionen Euro, die Flächenländer jeweils 100 Millionen Euro. Benötigen sie mehr Geld, sollen dringende Projekte priorisiert werden (siehe ct.de/y2ym). Um die Dringlichkeit beurteilen zu können, will das Digitalministerium einen Punktekatalog einführen. Am Ende des Bewertungsverfahrens soll jedes Projekt einen Score haben, sodass das Ministerium anhand der Rangfolge entscheiden kann, welche Anträge aus dem gesamten Bundesgebiet es bevorzugt fördert.

Punktesystem

Ein Kriterium ist die Bevölkerungsdichte: Je weniger Menschen im Antragsgebiet wohnen, desto besser für den Antrag. Denn in solch dünn besiedelten Gegenden dürfte sich absehbar kein Unternehmen finden, das ohne Förderung auf eigene Kosten Glasfaser in die Erde legen will. Ein weiterer Pluspunkt ist der Mangel an schnellen Internetzugängen. Je mehr Anschlüsse mit unter 30 Megabit pro Sekunde im Fördergebiet liegen, umso dringlicher das Vorhaben.

Künftig will der Bund auch Kommunen bevorzugen, die sich mit anderen zusammenschließen und ihren Breitbandausbau gemeinsam über die jeweiligen Stadt- oder Gemeindegrenzen hinweg angehen. Die Bundesregierung verspricht sich davon eine Entlastung der ohnehin knappen Planungskapazitäten bei Kommunen und Unternehmen.

Eine geringe Punktzahl signalisiert Antragstellern künftig sofort, dass sie absehbar keine Chance haben und ihre Anträge entweder neu oder anders stellen müssen.

Kritik an den neuen Förderkriterien kommt allerdings aus der Wirtschaft: „Der Richtlinienentwurf ist das Ergebnis eines politischen Kompromisses zwischen dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr und den Bundesländern, der die Ausbaupraxis der Unternehmen und die nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehenden Tiefbaukapazitäten nicht hinreichend berücksichtigt“, mahnt Sven Knapp, Leiter der Hauptstadtvertretung des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (BREKO). Der Verband vertritt die Interessen der ihm angehörenden Telekommunikationsunternehmen. Knapp wünscht sich eine präzisere Abstimmung zwischen Bundesförderung, privatwirtschaftlichem Ausbau und anderen Förderprogrammen, etwa denen der Länder.

Gewaltiger Mittelstau

Für die laufende Legislaturperiode sieht der Bundeshaushalt jährlich 3 Milliarden Euro Fördersumme für den Breitbandausbau vor, die allerdings in gleicher Höhe von den Ländern oder Kommunen kofinanziert werden müssen. Insgesamt betrug der Rückstau bei der Breitbandförderung im März dieses Jahres 10 von 13 Milliarden Euro an Bundesmitteln seit 2015. Das bedeutet: Die Mittel sind bereits zugesagt, die Bauprojekte aber entweder noch nicht begonnen oder noch nicht abgeschlossen und damit auch noch nicht abgerechnet. Die Verantwortung dafür schieben sich die diversen Akteure gegenseitig zu. Die Telekommunikationsunternehmen verweisen vor allem auf langwierige Genehmigungsverfahren und fehlende Baukapazitäten, die Kommunen auf ihre Sorgfaltspflichten und Personalengpässe. (abr@ct.de)

Informationen zur Breitbandförderung BMDV: ct.de/y2ym

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