iX 5/2016
S. 3
Editorial
Mai 2016
Moritz Förster

Raus aus der Wintel-Zwickmühle

Schon zu häufig hat man es gelesen, inzwischen gehören die miesen Absatzzahlen des PC-Markts zum Alltag. Ganze zehn Prozent sanken die Verkäufe von Desktops und Laptops im ersten Quartal 2016. Die altbekannten Gründe liefern die Analysten auch gleich mit: Smartphones und Tablets haben dem ehrwürdigen Rechner den Rang abgelaufen, dagegen kann man nichts machen. In gewisser Hinsicht muss das stimmen, denn der mobile Traffic wächst schließlich massiv. Doch iPads und Co. stecken genauso in der Krise, nach der ersten Begeisterung stocken die Verkäufe.

Wie man es auch dreht, am Ende ist ein PC für die Arbeit einfach bequemer. Selbst optimistische Entwickler präsentieren lieber ein Konvergenz-Gerät mit externer Peripherie, als den Nutzer zur Tabellenkalkulation mit dem Touchscreen zu zwingen. Entsprechend geben Hersteller eher traditionellerer Rechner wie Lenovo, HP Inc. und Dell den Ton an. Da weiß man schließlich, was man hat. Nur sollten Büros wie Konsumenten gerne deutlich mehr bei ihnen kaufen. Stellt sich bloß die Frage: Wieso?

Microsoft meinte, nach dem Fiasko Windows 8.x müsse Ausgabe 10 nun endlich den Knoten durchschlagen. Doch irgendwie wollen die Kunden nicht mitziehen, lieber bleiben sie beim verlässlichen 7. Die Nachricht, dass das neue Betriebssystem den Anteil von XP überholt habe, kann man angesichts des Alters der internen Konkurrenz bloß belächeln. Zwänge zum Update und fleißiges Datensammeln helfen der Reputation ebenfalls nicht. Und einen wirklichen Anreiz abseits davon, dass es eben neu sei, bleiben die Entwickler noch immer schuldig.

Dabei gibt es doch so viele Programme für Windows und bekanntlich verkauft die Software die Hardware, lamentieren die fassungslosen Beobachter. Doch schon seit vielen Jahren verschiebt sich der Schwerpunkt des virtuellen Alltags in den Browser. Läuft der, brauchen die meisten Nutzer einfach nicht mehr. Besonders nicht solche Funktionen wie Cortana oder einen leeren App-Store. Aber um dem Anwender all die Webapplikationen und Medien auf den Bildschirm zu zaubern, benötigen Unternehmen Server satt. Entsprechend rund läuft der Markt für Rechenzentren, insbesondere das Cloud-Geschäft. Und genauso wie sich der Standort der Software verschoben hat, hat sich das alte Mantra verlagert.

War es das also für Anbieter von Endgeräten? Weit gefehlt, doch statt den PC-Bau noch immer wie vor zwanzig Jahren anzupacken, wäre es Zeit für echte Cloud-Rechner mit besten Eingabegeräten, langer Laufzeit und vor allem regelmäßigen wie verlässlichen Sicherheitsupdates. Gibt es doch schon, heißen Chromebooks, und die kommen bei vielen nicht so toll an, werfen die Analysten ein. Stimmt, aber das liegt oft nicht am grundlegenden Konzept, sondern daran, dass Google einem einzig die Wahl zwischen ganz viel und kompletter Überwachung lässt. Wenn Entwickler alternativer Betriebssysteme je eine Chance hatten, den Dinosaurier Windows abzulösen, dann jetzt – vorausgesetzt, die Hersteller haben den Mut und sagen sich endlich von der Wintel-Zwickmühle los. Ein freier Cloud-Rechner, bei dem der Käufer beim Erstehen für das Gerät und das System zahlt und nicht selbst zum Produkt mutiert, stieße bei vielen auf Interesse.

Unterschrift Moritz Förster Moritz Förster