iX 11/2017
S. 111
Wissen
Energieeffizienz
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Kurz erklärt: PUE

Wärmestrom

Die Kennzahl Power Usage Effectiveness soll die Energieeffizienz von Rechenzentren angeben. Sie wird zwar gerne benutzt, um ein RZ als „grün“ darzustellen, doch sie ist umstritten.

Die in den USA entwickelte Power Usage Effectiveness (PUE) wurde aus purer Not geboren. Rechenzentren sind Stromfresser: Im Durchschnitt verbrauchen sie zwischen zwei und fünf Prozent der erzeugten elektrischen Energie einer Region; in Ballungszentren mit vielen Banken sogar weit mehr. Der Bedarf an elektrischer Energie wuchs in den Boom-Jahren des Internets so rasant, dass die Stromversorger an ihre Grenzen stießen, gleichzeitig schoss die Zahl der Rechenzentren in die Höhe. Die schlechte elektrische Infrastruktur der USA erhob so auf einen Schlag die Energieeffizienz zum zentralen Thema, denn sie behinderte Wachstum und Absatz der Branche.

Die PUE soll Komponentenhersteller und Rechenzentrumsbetreiber zur Sparsamkeit ermuntern, indem sie die Effizienz des Energieeinsatzes angibt. Sie ist der Quotient des gesamten Energiebedarfs des RZ geteilt durch den gesamten Verbrauch der IT (bestehend aus Servern, Speichersystemen und Netztechnik). Je mehr sich dieser Wert der Zahl 1 nähert, desto effizienter arbeitet das Rechenzentrum, denn der Strom fließt fast vollständig in die IT-Systeme. PUE-Werte von knapp zwei sind heute Standard, knapp 50 Prozent der eingesetzten Energie fließen also in die Arbeit der Computer. Auch Werte von über drei sind noch anzutreffen. In einem solchen Fall kommt nicht einmal ein Drittel der elektrischen Energie zur produktiven Verwendung; der Rest gelangt in die Infrastruktur des Rechenzentrums wie Aufzüge, Beleuchtung, die unterbrechungsfreie Stromversorgung und Batterien.

Vor allem im Sommer und in warmen Regionen ist die Kühlung der größte Verbrauchsposten, denn die RZ-Betreiber fürchten den Hitzetod der Elektronik. Meist wird nach der Methode eines Kühlschranks lokal Kälte erzeugt, entsprechend hoch ist der Energiebedarf. Anders ist es jenseits des Polarkreises, hier benötigt die Kühlung kaum Energie. Das führt zu absurden Rechenergebnissen: Stromfressende Uralt-Server, die ohne Power-Management im Stand-by-Betrieb viel Strom verbrauchen, können sich mit einer günstigen PUE brüsten. Noch absurder: Je höher der Verbrauch der IT, desto besser für die PUE. Hier zeigen sich die Grenzen dieser Kennzahl.

Richtiges Vergleichen

Bei virtualisierten Rechenzentren sinkt die Zahl der Server und damit der Energiebedarf. Der Kühlaufwand bleibt jedoch nahezu konstant, die PUE verschlechtert sich in der Folge. Dies ist einer der Gründe, warum Experten dringend davon abraten, Rechenzentren unterschiedlicher geografischer Lage und Konfiguration (und unterschiedlicher Redundanz- und Sicherheitsklassen) über die PUE zu vergleichen. Wirklich aussagekräftig ist der Wert nur, wenn man ein und dasselbe RZ etwa vor und nach einem Umbau oder dem Austausch von Geräten analysiert.

Wie eine PUE zu erstellen ist, schreibt die Norm DIN EN 50600-4-2 vor [1]. Eine Norm ist aber kein Gesetz, und wer will, kann eigene Wege gehen – so melden Betreiber schon einmal eine PUE von unter 1, obwohl das mathematisch unmöglich ist. Sie rechnen das RZ in einem solchen Fall als Energiequelle mit ein, weil etwa auf dem Dach Solarstrom erzeugt wird oder im Haus ein Blockheizkraftwerk vorhanden ist. Die Norm verbietet solche Rechenspiele und stellt zudem klar, dass die Produktivität der Server oder Programme genauso wenig einfließt wie die Energieressourcen. Windenergie, Solarstrom oder Kernkraft sind gleichberechtigt.

Eine PUE zu erstellen, ist mit einigem Aufwand verbunden. An jedem Punkt des Stromversorgungspfades schreibt die Norm Messapparate vor, die die leistungsfaktorkorrigierten Volt- und Ampere-Werte jedes Zweigs bestimmen. Schließlich sind bei Dreiphasenwechselstrom Phasenverschiebungen möglich, was zu Fehlmessungen führt. Über ein Jahr ist der Verbrauch so zu ermitteln. Alternativ kann man eine partielle PUE für kürzere Zeiträume berechnen. Dabei lassen sich auch Teile eines RZ gesondert ausweisen und mit einer Kennzahl versehen. Interessant ist dies etwa, wenn der Gerätepark modernisiert wurde: Die partielle PUE kann helfen, den Fortschritt kurzfristig zu dokumentieren. Auch für die Kühlung existiert eine eigene partielle PUE.

Das größte Einsparpotenzial beim Energiebedarf sehen Experten in der Raumtemperatur des RZ. Während der Mainframe-Ära schrieben die Hersteller Betriebstemperaturen von höchstens 18 Grad Celsius vor. Inzwischen verkraften moderne Halbleiter ohne Probleme sogar 35 Grad. Bei 20 bis 25 Grad wären die Betreiber auf der sicheren Seite und könnten trotzdem viel Energie sparen. Doch der Weg in die betriebliche Praxis ist lang – viele Kunden bestehen auch heute noch vertraglich auf sehr tiefen Temperaturen. Ein anderer Ansatzpunkt ist das Vermeiden schlecht belüfteter Stellen im RZ. Das Zuführen kalter und das Ableiten warmer Luft sollte vor allem nach Umbauten überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Größere Rechenzentren halten dazu inzwischen Wärmebildkameras bereit – ein Umdenken, das nicht zuletzt der PUE zu verdanken ist. (tiw)