MIT Technology Review 5/2023
S. 110
Review
Meinung
Rodungsarbeiten für die Verbreiterung des Südschnellwegs in Hannover.
Rodungsarbeiten für die Verbreiterung des Südschnellwegs in Hannover.
Foto: picture alliance/dpa

Weniger Technokratie wagen

Die Diskussion um Stadt- und Verkehrsplanung wird allzu oft von scheinbaren Sachzwängen bestimmt. Das kann sich nicht nur ändern. Das muss es auch.

Die Geschichte ist exemplarisch: Hannover verfügt, wie viele deutsche Großstädte, über einen Ring gut ausgebauter Schnellstraßen, der den Verkehr aus dem eigentlichen Zentrum der Stadt heraushalten soll. Weil die Stadt – auch das kein Einzelfall in Deutschland – nach dem Krieg nach dem Leitbild der „autogerechten Stadt“ wieder aufgebaut wurde, ziehen sich diese Schnellwege natürlich auch durch stadtnahe Naherholungsgebiete.

Und wie ebenfalls fast überall gibt es auf diesen Schnellwegen auch Brücken, die im Laufe der Jahrzehnte marode geworden sind und die saniert werden müssen. Im Zuge einer solch notwendigen Sanierung entschied das Land Niedersachsen vor einigen Jahren, gleich Nägel mit Köpfen zu machen und den Südschnellweg auf den „Stand der Technik“ zu bringen. Was bedeutet, dass die Strecke um zehn Meter verbreitert wird – auf Kosten des Naturschutzgebietes südliche Leinemarsch. Was folgte, war absehbar: Proteste, Demonstrationen, Baumbesetzungen – zeitweise fürchtete die Landesregierung unschöne Bilder wie in Lützerath und richtete einen runden Tisch mit Gegnern des Projektes ein. Der – wenig überraschend – natürlich ohne Ergebnis blieb. Denn die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr betonte, sie habe gar keine Möglichkeit gehabt, eine schmalere Straße zu planen.