Der Klon wird erwachsen: PhotoPlus X4 im Kurztest

PhotoPlus ist eine günstige Alternative zur Profi-Bildbearbeitung ohne die typischen Einschränkungen einer Hobby-Version. Version X4 bedeutet einen Sprung nach vorne; Profi-Fotografen müssen allerdings Abstriche machen.

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Wer PhotoPlus X4 von Serif öffnet, fühlt sich stark an Photoshop erinnert. Werkzeuge, Ebenenkonzept inklusive Masken, Anpassungsebenen und Ebenenmodi sowie Paletten findet der versierte Photoshop-Nutzer im Handumdrehen. PhotoPlus X4 bietet wie das Vorbild nun auch Arbeitsbereiche, die aufgabenspezifische Paletten, beispielsweise für die Foto- Bearbeitung, auf den Schirm holen. TIFF-Dateien mit 16-Bit-Kanälen öffnet das Programm im Unterschied zu Vorgängerversionen tadellos, bearbeitet sie allerdings nur im 8-Bit-Modus. Der Raw-Importdialog hat wenig zu bieten. Das Aufhellen zerstört Zeichnung in den hellen Bereichen, der Modus zum Wiederherstellen der Lichter dunkelt das Bild seltsam ab. Die Rauschreduzierung zeichnet lediglich weich und auch mit den Einstellungen zur Farbsaumkorrektur ist kaum etwas zu erreichen. Die Arbeitslast verteilt PhotoPlus auf mehrere Prozessorkerne. Das macht sich vor allem beim Anwenden von Effekten und beim Rückgängigmachen von Arbeitsschritten positiv bemerkbar. Die Raw-Verarbeitung ist leider immer noch schleppend langsam.

Eine neue Palette „Anpassungen“ oberhalb der Ebenenpalette macht die Dialoge vorhandener Anpassungsebenen nichtmodular zugänglich. Besteht noch keine Anpassungsebene, macht die Palette Vorschläge. Ein Ausklapppfeil hält Einstellungen parat, beispielsweise Aufhellen oder Abdunkeln bei der Histogrammkorrektur, Kontraständerung oder den Effekt Solarisieren für die Gradationskurven, verschiedene Schwarzweißumsetzungen mit dem Kanalmixer und Voreinstellungen für Blau, Rot und Gelb bei der selektiven Farbkorrektur. Unkundigen oder ratlosen Nutzern gibt PhotoPlus damit praktische Startvorgaben an die Hand.

Für Montage und selektive Korrektur integriert Serif das neue, an Fluid Mask angelehnte Studio für Bildausschnitte in die Anwendung. Gegenüber dem Zauberstab bedeutet es einen immensen Fortschritt beim Freistellen. Per grünem oder rotem Pinsel malt man die Bereiche, die man behalten beziehungsweise verwerfen will, ins Bild. Die Kantenerkennung funktioniert sehr gut. Die Maske lässt sich per Weichzeichner verfeinern.

Auch bei der Fotobearbeitung hat sich einiges getan. Das neue PhotoFix ist mehr als nur ein Assistent zum Bearbeiten von Fotos und in der Anwendung dem Raw-Importdialog um Lichtjahre voraus. Es wirkt wie eine vereinfachte Version von Lightroom. Zu- und abschaltbare Module regeln unter anderem Belichtung und Farbtemperatur, korrigieren Farbsäume, Vignettierung und Linsenverzerrung, setzen das Bild in Schwarzweiß um und schärfen es für die Ausgabe. Daneben enthält PhotoFix Voreinstellungen für verschiedene Bildstile wie warme Farben, Schwarzweiß oder Sepia-Tönung. Die Regler sprechen schnell an, das Resultat überzeugt. Endlich findet sich hier auch die lange vermisste Grauwertpipette in den Gradationskurven. In der entsprechenden Anpassungsebene fehlt diese leider nach wie vor. Über die Filter-Galerie lassen sich Effekte wie Verzerrer, Weichzeichner, Rauschen und diverse künstlerische Umsetzungen zusammenklicken, bearbeiten und kombinieren. Wandelt man die Ebene vorher in eine Filterebene um, kann man die einzelnen Effekte jederzeit wieder aufrufen und nachbearbeiten oder entfernen.

PhotoPlus geht über das Basisangebot der Bildbearbeitung hinaus – wem das genügt, der greift beispielsweise zum kostenlosen Paint.Net. PhotoPlus kann Photoshop nicht das Wasser reichen, aber es kommt ein gutes Stück heran, ohne dass der Hersteller es künstlich beschränken müsste, wie es bei Photoshop Elements der Fall ist. Erfreulich ist die weitgehend konsequente Umsetzung nichtdestruktiver Arbeitsweise. Neulinge in der Bildbearbeitung werden sich recht schwer tun, denn PhotoPlus bietet abgesehen von wenigen Assistenten wie dem gelungenen PhotoFix und dem sehr brauchbaren Studio für Bildausschnitte nur die nackten Werkzeuge. Für kreative Projekte zu Hause ist es gut gerüstet; die Neuerungen sind erfreulich praxistauglich.

PhotoPlus X4 von Serif ist bei Avanquest für 92 Euro erhältlich, es erfordert einen PC mit Windows XP/Vista/7. (cm)