Der Kuppler: iMT-Getriebe im Kia ProCeed 1.6 CRDI Mildhybrid

Kia rollt in den Handschaltern eine Servo-gesteuerte Kupplung aus. Sie soll durch ausgekuppelte Segel-Etappen minimale Verbrauchsvorteile ermöglichen

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Kias ProCeed 1.6 CRDI

(Bild: Clemens Gleich)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Kia hat zusammen mit Valeo eine Servo-gesteuerte Kupplung entwickelt, die bei eingelegtem Gang Segel-Etappen mit ausgeschaltetem Motor erlaubt. Davon versprechen sich die Koreaner geringe Vorteile (etwa 3 Prozent) im WLTP und etwas größeres Potenzial in der Praxis, wenn Fahrer das Beste aus dem System herausholen.

Die intelligent manual transmission (iMT) ist simpel aufgebaut: Am Kupplungspedal misst ein Sensor den Pedalweg. Ein Servo löst anhand dessen Daten den eigentlichen hydraulischen Kupplungsvorgang aus. Anhand der Drehzahldifferenzen zwischen Motor und Rad beim Einkuppeln kalibriert sich das System auf immer denselben virtuellen Schleifpunkt. Der gefühlte Schleifpunkt wandert somit beim Verschleiß der Kupplungsscheiben nicht.

Der einfache Aufbau macht es möglich, das System mit wenigen Design-Modifikationen statt einer konventionellen Kupplung zu verwenden. In vielen Märkten hält sich aus Kostengründen ein hoher Anteil handgeschalteter Getriebe. Hier will Hyundai/Kia punkten.

In Fahrt gefällt das iMT durch sehr geringe Bedienkräfte. Es korrigiert kleine Fehler, größere Fehler jedoch nicht. Man kann den Motor ganz normal abwürgen. Er startet dann wieder beim Treten aufs Kupplungspedal. Das Gefühl für die Kupplung wird indirekter. Insgesamt vereinfacht sich jedoch die Bedienung der Kupplung. Das iMT passt sehr gut zu Alltag und Nutzen, und wer Rennsport will, kauft keinen Diesel-Kia.

Kia ProCeed 1.6 CRDI 48V iMT Details (14 Bilder)

Rechts die konventionelle Kupplung, links die iMT-Kupplung von Valeo und Kia.
(Bild: Kia)

Kia kombiniert das manuelle Getriebe mit dem 48-V-Mildhybrid-Antrieb. Dessen Start-Stopp-Management stoppt den Motor auch in möglichen Segel-Phasen: Die Kupplung kuppelt aus; der Motor stoppt. Auf dem Tacho erscheint dann ein kleines Segelboot und die Meldung "Segelmodus". Tritt der Fahrer egal welches Pedal, startet der Motor wieder. Wann gesegelt wird, ist für den Benutzer nicht schaltbar. Das System macht das intransparent nach eigenem Gutdünken, ohne Eingriffmöglichkeit. Deshalb gibt es viele geeignete Segelphasen, die das System auslässt, viele aufgrund des Verkehrs ungeeignete Segelphasen, die es schaltet. Hier wartet eine längere Kennenlernphase auf den Fahrer, bis er aus dem iMT Spritspar-Vorteile zieht.

Interessant, dass Kia so ein System zuerst im Diesel bringt. Das hat wahrscheinlich schlichte logistische Gründe. Die größten Vorteile bringt es im Ottomotor, wo die Drosselverluste so hoch liegen. Hier dürfte das Sparpotenzial deutlich höher liegen, wenn man mit voll offenen Drosselklappen bei niedriger Drehzahl Schwung holt und dann ohne Motor dahingleitet. Als nächstes erhält dann auch der Kia Rio mit dem Einliter-Benziner die neue Kupplung.

Kia stuft das iMT-Getriebe im ProCeed etwas gewöhnungsbedürftig und übersetzt es insgesamt sehr lang. Dazu kommt ein weitestgehend freudloser Vierzylinder-Diesel mit kleinem nutzbaren Drehmoment und 100 kW Nennleistung. Ich habe es mir schnell angewöhnt, ortsausgangs im 3. oder 4. Gang auf 100 zu beschleunigen und dann direkt den 6. Gang einzulegen – Vorteil Handschalter. Natürlich kann man sich auch die Zeit nehmen, ohne fühlbare Beschleunigung die Gänge durchzuschalten. Es ist aber nicht so, dass das irgendwie Freude macht. Ich fuhr extrem schaltfaul, Zwischengänge auslassend, und der drehfaule Motor an langer Untersetzung machte es mit, weil er wohl darauf optimiert wurde.

Die Form des Wagens war Kia so wichtig, dass Kunden mit den damit einhergehenden Nachteilen leben müssen. Die Sicht nach hinten liegt unter dem Niveau "Porsche Boxster mit Verdeck oben". "Unter" deshalb, weil ich als 180 cm großer Mensch mit Sitz ganz nach unten eingestellt von leicht oben durch den Rückspiegel auf die Straße gucke, der übrigens einen großen Teil Kofferraum zeigt, weil die Heckscheibe so klein ist. Wenn ich hinten den Horizont sehen will, muss ich mich ducken. Wie wird es erst Großen gehen?

Kia ProCeed 1.6 CRDI 48V iMT Standards (6 Bilder)

Schöne Seitenlinie verrät Fake-Auspuffblenden.
(Bild: Clemens Gleich)

Schlauer Kompromiss beim ganzen Design: Die Kofferraumklappe öffnet einen großen Bereich nach vorne statt nach oben, sodass der Kofferraum deutlich praktischer wird, als er ansonsten sein könnte. Beispiel dazu in den Bildern. Der ProCeed lädt zudem schon ohne umgelegte Sitze 100 l mehr als der ähnlich positionierte Mercedes CLA Shooting Brake, umgelegt werden es noch deutlich mehr (s. technische Daten).

Lenkgefühl, Fahrwerk und Bremsanlage haben mir gut gefallen, denn deren Zusammenspiel bringt eine sehr hohe aktive Sicherheit und es macht sogar ein bisschen Freude, dieses Auto zu fahren. Bei Achslastverlagerung nach vorne verliert zuerst die Hinterachse an Seitenführung, ganz harmlos, fast unmerklich von den Fahrhilfen verdeckt. Selbst das (ja: selbstgemachte) Design-Problem des Auftriebs aus der fallenden Dachlinie hat Kia souverän im Griff: Der ProCeed liegt schön stabil bis zur Höchstgeschwindigkeit. Zusammen mit dem angenehmen Innenraum wird das Konzept viele Freunde unter Langstreckenfahrern finden.

In den letzten Jahren kann mit den Koreanern nur wenig falsch machen, wer ein Alltagsauto sucht: Ausstattung, Garantie, kostenlose Echtzeit-Verkehrsinfos für mindestens 7 Jahre, pipapo. Die Gestaltung ist gelungen, Sie sollten jedoch auf jeden Fall einkalkulieren, dass die Sicht nach hinten in der Bewertung irgendwo zwischen "große Frechheit" und "kleines Sicherheitsrisiko" liegt. Trotz Designschwerpunkt punktet das Auto mit erfreulich viel Nutzwert, vor allem bei der Zuladung. Das Fahrverhalten ist einwandfrei.

Das iMT-Getriebe überzeugt mich eher durch sein Komfort-Plus als durch seine minimalen Verbrauchsvorteile. Insgesamt: Wer Seifenstück-Design à la CLA mag, könnte hier sehr zufrieden vom Händlerhof rollen. Allen anderen bleibt der Ausweg Ceed Sportswagon, der weniger kostet und eine etwas bessere Aussicht bietet.

Hersteller Kia
Modell ProCeed 1.6 CRDI 48V iMT
Motor und Antrieb
Motorart Diesel
Zylinder 4
Hubraum in ccm 1598
Bohrung x Hub
Leistung in kW (PS) 100 (136)
bei U/min 4000
Drehmoment in Nm 280
bei U/min 1500 bis 3000
Antrieb Frontantrieb
Getriebe Manuelles Schaltgetriebe, servounterstützt
Gänge 6
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1555
Spurweite hinten in mm 1563
Radaufhängung vorn MacPherson-Federbeine
Radaufhängung hinten Mehrlenkerachse
Wendekreis 10,6
Reifengröße vorn 225/45 R17 91 V/W
Reifengröße hinten 225/45 R17 91 V/W
Bremsen vorn 305 x 25 mm
Bremsen hinten 284 x 10 mm
Maße und Gewichte
Länge in mm 4605
Breite in mm 1800 (ohne Spiegel)
Höhe in mm 1422
Radstand in mm 2650
Kofferraumvolumen in Litern 594
max. Kofferraumvolumen in Litern 1545
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck ab 1468
Zuladung in kg bis 452
Dachlast in kg 80
Anhängelast in kg 1500
Tankinhalt in Litern 50
Verbrauch
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 4,0 bis 3,8
Testverbrauch Durchschnitt Litern 5
CO2-Emission WLTP in g/km 103 bis 98
Abgasnorm Euro 6d-temp
Daten Stand September 2020
Modell Kia ProCeed 1.6 CRDI 48V iMT
Ausstattungslinie GT Line
Preis für diese Ausstattungslinie 29.960,30
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Assistenz
Tempomat Serie
Abstandstempomat nur für Automatik-Variante
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Rückfahrkamera Serie
Totwinkelwarner Serie
Müdigkeitserkennung Serie
Spurhalteassistent Serie
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe in Technologie-Paket (1062,52 €)
Alarmanlage Serie
schlüsselloser Zugang Serie
Komfort
Sitzheizung Serie
beheizbares Lenkrad Serie
Lederlenkrad Serie
Klimaanlage Serie
Klimaautomatik Serie
Sonstiges
Metalliclack 770,08
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand September 2020

(cgl)