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Skoda Octavia RS iV im Test: Plug-in-Hybrid mit einer Schwäche

Martin Franz
Skoda Octavia iV RS

Der vierte Skoda Octavia erfüllt insgesamt die in ihn gesetzten Erwartungen. Doch massive Probleme mit der Software trüben den Eindruck.

(Bild: Franz)

Der Skoda Octavia ist nicht nur, vor allem aber als Firmenfahrzeug gefragt – und da besonders als Plug-in-Hybrid. Ein Test plus Kaufberatung.

Drei Octavia mit mindestens 150 kW hatte Skoda in der aktuellen Generation im Angebot, und alle haben gewissermaßen ihre Berechtigung. Der "kleine" Plug-in-Hybrid war die günstigste Möglichkeit, mit dem Octavia die derzeitigen Subventionen abzugreifen. Der RS mit dem 180 kW leistenden Zweiliter-Benziner ist als einziger konventionell motorisierter Octavia für jene im Sortiment, die derart viel Kraft in einem so pragmatischen Auto für nötig erachten. Das waren in der Vergangenheit erstaunlich viele, der RS mit seinem flotten Trainingsanzug ist immer noch gefragt.

Der Octavia RS iV ist so etwas wie eine Mischung aus diesen beiden. Aktuell gibt es die Plug-in-Hybride nicht mehr zu kaufen, doch auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind beide gefragt. Mit einem Testwagen wollen wir deshalb nicht nur einen Fahreindruck liefern, sondern auch zeigen, worauf es bei einem gebrauchten Octavia mit Plug-in-Hybrid ankommt. Eine Baustelle zeichnet sich in dieser noch so jungen Baureihe ab und verdient besondere Beachtung.

Verdeutlichen sollte man sich zunächst, dass der Hybrid RS iV dem RS-Benziner zwar äußerlich gleicht, ihm beim Fahreindruck aber trotz identischer Maximalleistung keine Konkurrenz macht. Der Dress macht aus dem RS-PHEV nur optisch einen Sportler, beim Antrieb bleibt er dem konventionell eingekleideten Octavia iV sehr viel näher, als es 30 kW Unterschied in der Systemleistung vermuten ließen. Der 1,4-Liter-Benziner treibt im Verbund mit dem E-Motor den Kombi fraglos weit mehr als nur ausreichend flott voran, doch er erledigt brav seinen Job. Übermäßig ins Zeug legt er sich nicht. Richtig ist hier also vor allem, wer den RS-Look bevorzugt, auf Bestwerte bei der Beschleunigung aber verzichten kann.

Wer sich für den Plug-in-Hybridantrieb im Octavia-Combi interessiert, sollte ein paar Dinge bedenken: Mit 490 Litern ist der Kofferraum spürbar kleiner als in den Modellen mit alleinigem Verbrenner, die 640 Liter bieten. Zudem sind die Talente hinsichtlich der elektrischen Nutzung wie bei so vielen Plug-in-Hybriden nicht besonders ausgeprägt: Die Batterie ist nur 13 kWh groß, von denen sich etwa elf nutzen lassen. Je nach Wetterlage und Fahrstil kommt man damit zwischen 30 und 50 km weit, im Test bei rund 20 Grad Außentemperatur waren es maximal 47 km.

Skoda Octavia RS iV Technik (0 Bilder) [1]

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Der reale Strombedarf inklusive Ladeverlusten, also das, was Sie letztlich bezahlen müssen, richtet sich danach, wie geladen wird. An einer öffentlichen Ladestation oder einer privaten Wallbox waren es im Test etwa 11,5 kWh, mit dem serienmäßigen Ladeziegel rund 1,2 kWh mehr. Daraus folgt: 24,5 bis 27 kWh/100 km sind es bei frühsommerlichen Temperaturen mindestens. Wie immer gilt: Andere Bedingungen wie Frost und/oder eine rabiate Fahrweise treiben den Verbrauch problemlos deutlich höher.

Ebenfalls nur durchschnittlich ist mit maximal 3,7 kW die Ladeleistung. Wenigstens gegen Aufpreis sollte es die Chance geben, den Speicher zweiphasig mit bis zu 7,4 kW füllen zu können. So blockiert der Octavia-PHEV unter Umständen stundenlang einen öffentlichen Lader.

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Wer nicht nachlädt, muss unter den geschilderten Bedingungen mit wenigstens 5,5 Litern/100 km rechnen, maximal waren es bei uns 8,4. Dafür muss man den kleinen Vierzylinder allerdings schon ziemlich scheuchen, was dieser etwas brummig und ohne besonderes Engagement abarbeitet. Unter die Kategorie "sicher gut gemeint" fällt der künstliche V8-Klang im Sport-Modus. Der tönt derart aufdringlich, dass ich kaum glauben kann, dass sich das einer ständig anhört. Noch schräger wird es, wenn dieser Sound die elektrische Fahrt begleitet.

Einen tatsächlich gelungenen Kompromiss hat Skoda beim Fahrwerk gefunden. Sicher, der RS iV ist etwas strammer abgestimmt als die zivilen Modelle, doch Skoda hat darauf geachtet, es nicht zu übertreiben. Das Ansprechverhalten auf kleine Unebenheiten ist sogar besser als vermutet, wenngleich niemand von dieser Ausstattungslinie einen erlesenen Federungskomfort erwarten wird. Andererseits bleibt der Combi insgesamt ein berechenbarer Familientransporter, der, sollte es der Lenker einmal übertreiben, sich als ein braver Untersteuerer erweist. Eine solche Abstimmung gewinnt sicher nicht alle Herzen von Menschen, die Autos gern flott um Ecken werfen, wirkt hier aber durchaus klug.

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Der aktuelle Octavia ist seit 2020 auf dem Markt. Noch ist es also zu früh für eine umfassende Beurteilung dessen, was bei Hauptuntersuchungen auffällig sein könnte. In Foren zeichnet sich ohnehin eine andere Baustelle ab. Wie alle Modelle auf dieser Basis kämpft auch der Octavia mit zum Teil massiven Problemen in der Elektronik. Besonders betroffen sind Assistenzsysteme und Unterhaltungselektronik. Die Volkswagen-Gruppe hat mit zahlreichen Updates reagiert, die die Probleme zum Teil gemildert haben.

Im Testwagen war die Software auf dem Stand "1806", aktuell war im Mai 2022 "1810". Eine Aktualisierung über die eingebaute SIM-Karte oder das heimische WLAN ist auf dieser Ebene nicht möglich – dafür muss die Werkstatt ran. Recht hartnäckig verfolgte den Testwagen die Macke, den Emergency- und den Travel-Assist selbstständig ein- und auszuschalten. Das Abschalten wird begleitet von einem Gong, der dann manchmal innerhalb von 30 Sekunden viermal ertönte. Eine manuelle Deaktivierung der Assis(tenten) brachte keine Linderung. Einen ersten Verdacht erhärtete nach Hinweisen im Forum schließlich der Servicemann bei Skoda: Es gibt ein anderes Lenkrad, mit dem dauerhaft Ruhe einkehren soll.

Auch die verschobene Route auf der Navikarte und die noch verbesserungswürdige Verständigkeit der Sprachsteuerung verstärken den Eindruck, dass Volkswagen hier noch einen gewissen Weg zurückzulegen hat. Dazu passt, dass der Testwagen beim Aussteigen an die Mitnahme von USB-Geräten erinnerte, die nicht im Auto waren. Nebensächlich erscheinen da zwei Schriftzüge bei der Verabschiedung, die ineinander übergehen.

Skoda Octavia

Wenn eine Software nach zahlreichen Updates noch immer keine Route fehlerfrei darstellen kann, liegt offenkundig einiges im Argen.

(Bild: Franz)

Abseits von solchen Bugs fragt man sich, warum die Geschwindigkeitsanzeige zwischen den beiden Rundinstrumenten alternativlos ist. Das Kombiinstrument selbst war bei Skoda auch schon einfacher einzurichten. Alles in allem bleibt der Eindruck zurück, dass es auch zwei Jahre nach dem Start der Baureihe nicht gelungen ist, eine stabile, fehlerfreie Software auf die Beine zu stellen. Das hat das Zeug, der Zielgruppe ein insgesamt sympathisch-unprätentiöses Auto zu vergrätzen. Möglich, dass die Rettung mit einem allheilenden Update nah ist. Bis dahin kann der Rat allerdings nur lauten: Bestehen Sie vor der Auslieferung schriftlich auf die Einspielung aller Aktualisierungen von Soft- und Hardware. Ein Octavia fast ohne Assistenz und kleinem Infotainment dürften für solche Macken deutlich weniger anfällig sein.

Skoda Octavia RS iV Infotainment (6 Bilder) [7]

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Im Testwagen war die Software auf dem Stand "1806". Ein Update auf dieser Ebene gibt es aktuell nur in der Werkstatt.
(Bild: Martin Franz)

Zumindest in Foren finden sich auch Nutzer, die nichts zu bemängeln haben. An den grundsätzlichen Qualitäten des Octavia gibt es auch wenig zu mäkeln: Das Auto ist ordentlich verarbeitet, bietet ein ausgezeichnetes Verhältnis von Platzangebot und genutzter Verkehrsfläche, bequeme Sitze und ein Fahrverhalten, was der Zielgruppe vermutlich mehrheitlich so gefallen wird. Anders ausgedrückt: Wenn es Skoda gelingt, die Software auf einen akzeptablen Stand zu hieven, hat der Octavia gute Chancen, sich weiterhin am Markt zu behaupten.

Plug-in-Hybride kann man im Octavia derzeit nicht bestellen, die Restbestände an verfügbaren Neuwagen dürften deutschlandweit gering sein. Wir rechnen damit, dass die Marke die Dualantriebe so schnell wie möglich wieder ins Programm holt, und zwar unabhängig davon, ob es in Deutschland auch ab 2023 eine finanzielle Unterstützung beim Kauf gibt oder nicht. Die Ampel-Koalition hat sich eine Reform der PHEV-Förderung vorgenommen. Formuliert ist das im Vertrag von SPD, Grünen und FDP [9] auf Seite 129 wie folgt:

Die bestehende Besserstellung von Plug-In-Hybridfahrzeugen bei der sogenannten Dienstwagenbesteuerung wird für neu zugelassene Fahrzeuge stärker auf die rein elektrische Fahrleistung ausgerichtet. Hybridfahrzeuge sollen zukünftig nur noch privilegiert werden (Entnahmewert 0,5 Prozent), wenn das Fahrzeug überwiegend (mehr als 50 Prozent) auch im rein elektrischen Fahrantrieb betrieben wird. Wird das Fahrzeug nicht überwiegend im elektrischen Fahrbetrieb genutzt oder der rein elektrische Fahranteil nicht nachgewiesen, entfällt der Vorteil und die Nutzung des Dienstwagens wird regelbesteuert (1-Prozent-Regelung).

Das heißt übersetzt nichts anderes, als das die Förderung von Plug-in-Hybriden künftig daran geknüpft ist, dass sie tatsächlich auch elektrisch genutzt werden. Bislang gab es Geld, ohne einen Nutzen für die Umwelt – bei Plug-in-Hybriden ohnehin fraglich – nachweisen zu müssen. Ende September 2021 berichteten zahlreiche Medien, dass Volkswagen die 80-km-Grenze gleich zugunsten von 100 km E-Reichweite in ihren PHEV-Modellen überspringen will. Zugleich wird Volkswagen bei der Ladeleistung nachbessern müssen.

Beides ist wenig verwunderlich, denn wenn sich ein Konzept am Markt ohne Subventionen behaupten soll, muss es für den Kunden in irgendeiner Form attraktiv sein. In dem Maße, in dem der Staat Steuermittel aus den PHEV herausnimmt, muss das Produkt für den Endverbraucher interessanter werden. Die Zeiten enden also langsam, in denen man eine kleine und meist leere Batterie durch die Gegend fuhr, die sich nur sehr zäh befüllen ließ. Dazu zählen auch die beiden Plug-in-Hybride im Octavia. Im Jahresmittel dürften nur sehr zurückhaltende Fahrer im Schnitt inklusive Ladeverlusten auf weniger als 30 kWh/100 km kommen.

Spannend wird, wie viel Anklang die Plug-in-Hybride auf dem Gebrauchtwagen-Markt langfristig finden. Vorzeitig abschreiben sollte man sie dort keineswegs, denn die rein elektrische Fahrt ist auch im Octavia iV der angenehmere Teil des Antriebs. Er hat trotz des im Vergleich mit einem E-Auto hohen Stromverbrauchs das Zeug dazu, Menschen für die E-Mobilität einzunehmen. Hilfreich ist dabei auch der Umstand, dass der Octavia im Kern geblieben ist, was er seit dem Start seiner zweiten Karriere Mitte der 1990er-Jahre eigentlich immer war: Ein praktischer Kombi mit reichlich Platz, der sich in seiner unaufgeregten Art angenehm fährt. Wenn Skoda die Software in den Griff bekommt, ist er nach wie vor ein empfehlenswertes Auto.

Die Kosten für die Überführung wurden von Skoda übernommen, jene für Fahrenergie von der Redaktion.

Hersteller Skoda
Modell Octavia iV Octavia RS iV Octavia RS
Testwagen
Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid, Benziner Turbo-Benziner
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1395 1984
Leistung in kW (PS) Verbrenner 110 180
bei U/min 5000 bis 6000 5250 bis 6500
Drehmoment in Nm Verbrenner 250 370
bei U/min 1550 bis 3500 1600 bis 4300
Leistung in kW E-Motor vorn 85 -
Drehmoment in Nm E-Motor vorn 330 -
Leistung in kW E-Motor hinten -
Drehmoment in kW E-Motor hinten -
Systemleistung in kW (PS) 150 (204) 180 (245)
Antrieb vorn
Getriebe Doppelkupplungsgetriebe
Gänge 6 7
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1539 1541
Spurweite hinten in mm 1539 1550
Reifengröße 225/45 R18 225/40 R19
Maße und Gewichte
Länge in mm 4689 4702
Breite in mm 1829 1829
Höhe in mm 1477 1474 1457
Radstand in mm 2680 2681 2677
Kofferraumvolumen in Litern 450 490 640
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck ab 1648 ab 1707 ab 1538
Zuladung in kg bis 561 bis 518 bis 594
Dachlast in kg 75
Tankinhalt in Litern 41,5 51,5
Batterie in kWh brutto 13 -
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 7,7 7,3 6,8
Höchstgeschwindigkeit in km/h 220 225 250
Verbrauch
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 1 1,2 6,9
CO2-Emission WLTP in g/km 23 27 156
Ladeleistung an AC in kW 3,7 -
Ladeleistung an DC in kW - -
E-Reichweite WLTP in km 61 62 -
E-Reichweite im Test 69 47 -
Testverbrauch ohne Aufladung 6,2 5,5 bis 8,4 -
Daten Stand 2022

(mfz [10])


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[9] https://www.spd.de/koalitionsvertrag2021/
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