Bud Light: Biertrinker falsch abgeholt

Diätbier-Dose aus alten Zeiten. Bild: cyclonebill / CC BY-SA 2.0

Werbekampagne mit Transgender-Star geht daneben. Schäumende Entrüstung, Geschäft bricht ein. Kulturkampf-Boykott gewinnt. Fabriken schließen. Angestellte werden arbeitslos.

Der Kulturkampf kam knüppeldick für Bud Light, für Angestellte, deren Jobs vom Verkauf des vormals beliebtesten Bieres der US-Amerikaner abhängen, und für Dylan Mulvaney.

Die Transperson, ein Internet-Star (10,7 Millionen Follower auf TikTok, eine Milliarde Views für die Serie, die ihre Transition dokumentiert), bekam den geballten Hass zu spüren, den eine vollkommen verunglückte Werbekampagne auf sie zog. Sie habe seit Wochen Angst, ihre Wohnung zu verlassen, weil sie auf der Straße verfolgt werde, so Mulvaney.

Es ist Sommer, der Verkauf des wässrigen Bieres müsste gut laufen, aber die gewinnbringende Hochsaison läuft nur für andere Biermarken, sie verzeichnen Zugewinne. Der Umsatz von Bud Light ist dagegen im Vergleich zum Vorjahr um fast 30 Prozent eingebrochen, wie CBS in dieser Woche meldet.

Umgerechnet entspreche das etwa einem Rückgang von etwa 26,3 Millionen US-Dollar. Auch der Aktienkurs ist eingebrochen. Kurzfristig wahrscheinlich.

Das ist aber kein Problem, das die höheren Etagen der weltgrößten Brauereigruppe Anheuser-Busch in Untergangsstimmung bringen wird. Man wird sich mit Blick auf die Realität weiter unten neu orientieren, wenn es um Werbekampagnen geht.

Anders stellt sich die Lage für die Angestellten der Flaschenfabriken dar, die vom Bud-Light-Umsatz abhängen. Zwei mussten infolge der neuen Lage schließen, 645 Angestellte wurden entlassen. Dass es diesen Zusammenhang gibt, berichtete die britische Boulevard-Zeitung Daily Mail Anfang der Woche.

Dabei stützt sich die Zeitung auf Aussagen der Beschäftigten, die von einem Einbruch der Produktion seit Beginn der Werbekampagne mit Dylan Mulvaney sprechen, und auf den Bericht eines regionalen Fernsehsenders.

Es ist viel Häme im Spiel wie auch Schadenfreude und eine Aggressivität, die sehr US-amerikanisch ist. Kid Rock, ein US-Musiker, der auch in Deutschland Erfolg hat, feuerte in einem Clip mit einem Schnellfeuergewehr auf eine Reihe von aufgestellten Bud-Light-Bierdosen, nachdem die Werbekampagne mit Dylan Mulvaney die Kulturkämpfer und ihn ins Rotieren gebracht hatte.

Kid Rock ist ein Mann des Lagers, das Trumps Make America Great Again unterstützt, mit einem sehr speziellen Humor.

Marketing und Biertrinkerrunden

Zu Beginn der Kampagne stand eine, wie sich jetzt zum Schaden vieler herausstellt, ziemlich abgehobene Idee der Marketingabteilung, das Bud-Dünnbier für eine jüngere und neue Zielgruppe attraktiv zu machen.

Die Biertrinkerrunden der alten weißen Männer sollten aufgemischt werden. Die Verantwortliche für diesen Aufbruch in neue Räume und Stimmen – den "guten Move" feierte man auch hierzulande in öffentlichen Wortmeldungen – musste inzwischen ihren Arbeitsplatz verlassen.

Details des Ablaufes und Umstände der Kampagne finden sich beim Magazin Them zusammengefasst und aufgeschlüsselt. Dort ist allerdings weniger die Sicht der Bierkämpfer nachzulesen, die mit der neuen Marketing-Idee so gar nicht einverstanden waren.

Nur soweit: Am Anfang des grotesken und dämlichen Wirbels stand ein Video, das Dylan Mulvaney mit einer Reihe Bud-Light-Bierdosen zeigt. Eine prominente Rolle spielt dabei eine Bier-Dose, die extra für die Kampagne mit ihrem Konterfei hergestellt wurde.

Bud Light wollte mit Mulvaney deren Abschluss des Transitjahres feiern und davon profitieren. Eine Marketing-Idee, die den falschen Funken sprühte.

Danach ging es beim Bierkampf rund. Es wurde ein Bud-Light-Boykott ausgerufen.

Das Video, in dem Dylan Mulvaney die Figur Holly Golightly spielt – was hat die Figur eines Capote-Romans, der mit Audrey Hepburn verfilmt wurde, eigentlich mit Bier zu tun? –, passte einer ganzen Menge von Bierkäufern nicht, die sich in anderen Inszenierungen wiedererkennen wollen.

Bud Light hat das mittlerweile eingesehen und wirbt nun wieder mit traditionellen Bier-Rittern und Männer- und Frauenfiguren. Auffallend ist, dass man jetzt keine Traute mehr hat, um sich hinter die eigene Fehleinschätzung zu stellen und ihren Kampagnen-Star zu schützen.

Auch die Politik mischte mit. Der Kulturfrontkämpfer aus Florida, Gouverneur DeSantis, baute die Aufregung über das Igitt-Werbungs-Bier ein in seinen Wahlkampfauftritt.

Die Empörung unter Konservativen und Rechten in den USA war enorm, weil die Brauerei mit der Werbefigur die umstrittene Auffassung, Geschlecht sei etwas Willkürliches und Wechselbares vertritt. Die Reaktionen reichten von Boykott-Aufrufen bis hin zu Hass.

Die Welt

Anheuser-Busch habe "den Verbraucher aus den Augen verloren", zitiert die Neue Zürcher Zeitung den früheren US-Chef des Brauerkonzerns, Anson Frericks.

Merke: Auch Bier-Trinker wollen "richtig abgeholt" werden.