KI macht digitales Zeitzeugnis interaktiv erlebbar

Künstliche Intelligenz ermöglicht es, dass Holocaust-Überlebende auf Fragen antworten. Einzelne digitale Zeitzeugnisse funktionieren nun auch auf Englisch.

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Zeitzeuge Abba Noar beim Interview in einem Sessel

Abba Noars Zeitzeugnis ist mithilfe von KI interaktiv erlebbar.

(Bild: Screenshot Lediz-Projekt)

Lesezeit: 3 Min.

Das Projekt Lernen mit digitalen Zeugnissen (LediZ) hat gemeinsam mit Holocaust-Überlebenden deren Erlebnisse festgehalten und aufbereitet. Nicht nur Schülerinnen und Schüler können im Unterricht mithilfe einer Künstlichen Intelligenz eigene Fragen an Abba Naor, Eva Umlauf und Zilli Schmidt stellen. Auch über den Browser können Interessierte die digitale Version der Zeitzeugen und Zeitzeuginnen treffen und Fragen entweder über ein Mikrofon per Sprache oder ein Textfeld stellen. Jetzt gibt es auch eine englische Version.

Dabei unterstützt eine Künstliche Intelligenz (KI) dabei, den Fragen eine passende Antwort zuzuordnen. Die Antworten selbst sind die originalen Aussagen der Interviewten, die bis zu 1000 Fragen aus ihrem Leben vor, während und nach dem Holocaust beantwortet haben. Dabei wurden sie in 3D aufgenommen. Die Videointerviews mit Abba Naor haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nun auch englisch untertitelt, um sie einer größeren Zielgruppe zugänglich zu machen.

Abba Naor berichtet eindrücklich von den Erfahrungen, die er als 13-jähriger Junge im Ghetto Kaunas und in mehreren Konzentrationslagern machen musste. Durch die direkte Frage-Antwort-Dynamik erscheint diese Erzählung persönlicher als ein klassisches Video. Fragen, auf die die KI keine passende Antwort findet, beantwortet Abba Naor mit: "Ich habe immer versucht, alle Fragen zu beantworten, aber für diese Frage haben wir leider keine Antwort." Einzelne Fragen interpretiert die KI nicht korrekt und liefert eine nicht ganz passende Videosequenz.

Als System der Sprachverarbeitung kommt Google Dialogflow zum Einsatz, das den Text aus der Spracheingabe oder dem Chatfeld mit einem Datensatz der aufgezeichneten Antworten abgleicht. Ist eine Antwort auf die Frage vorhanden, erhalten die Nutzenden den passenden Videoausschnitt, erläutern die Forschenden in ihrer Handreichung zu dem Projekt (PDF). In dieser finden Interessierte auch die Zugangsdaten zur Online-Version der interaktiv erlebbaren Interviews.

"Alle Zeugnisse können in verschiedenen Formaten ausgespielt werden", heißt es dort weiter. "Zum einen wird das Zeugnis in 3D und in Lebensgröße projiziert. Bei dieser Form der Präsentation tragen die Nutzer und Nutzerinnen 3D-Brillen und sprechen ihre Frage in ein Smartphone ein, das als Mikrofon dient." Eine solche Variante gebe es beispielsweise im Leibniz-Rechenzentrum in Garching. Andererseits könnten etwa Schulen sich die 3D-Anwendung mit Moderation durch ein Projektmitglied einladen.

Die Leitung des LediZ-Projekts liegt bei Prof. Dr. Anja Ballis, Inhaberin des Lehrstuhls Didaktik der Deutschen Sprache und Literatur sowie Deutsch als Zweitsprache an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die englische Übersetzung verantworteten Prof. Dr. Christina Sanchez-Stockhammer, Professorin für Englische und Digitale Sprachwissenschaft, Antonia Friebel und ihr Team an der Technischen Universität Chemnitz.

(are)