iX 11/2017
S. 136
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Typografie-Apps für Kreative

Zeichen setzen

Für Schriftdesign in Theorie und Praxis stehen iOS- und Android-Nutzern diverse Apps zur Verfügung.

Der Begriff Typografie entstammt der Kunst und dem Druckerhandwerk. In traditionellen Druckverfahren werden die Texte mit beweglichen Typen zusammengesetzt. Typografie hat natürlich auch den Weg in die digitale Welt gefunden. Mit dem Wandel hin zu digitalen Druckverfahren, der Einführung von „What-You-See-Is-What-You-Get“-Layout und der immer weiteren Verbreitung elektronischer Lesegeräte ist Typografie heutzutage eine Grundvoraussetzung für das Entwerfen von Inhalten. Sie kann unter anderem Aussagen und Struktur von Texten visuell unterstützen und die Lesbarkeit verbessern.

Schaut man sich im iTunes Store und in Google Play um, findet man eine Vielzahl von Apps mit Bezug zur Typografie. Neben Werkzeugen zum Schriftdesign finden sich darunter Anwendungen, mit denen man die verwendeten Fonts in gedruckten Texten identifizieren oder sich dem Thema spielerisch nähern kann.

Fonts mit persönlicher Note

Die eigene Schriftart mit persönlicher Note muss für iPad-Besitzer nicht länger ein Traum bleiben. Mit iFontMaker für iOS ist es kinderleicht, Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen nach eigenem Geschmack zu gestalten.

Zu Beginn des Schriftsatzdesigns legt man zunächst fest, für welches Alphabet man einen neuen Font erstellen möchte. Die meisten Leser werden sicherlich das lateinische Alphabet wählen. Wer sich in anderen Schriftsystemen auskennt, kann jedoch beispielsweise auch japanische, griechische oder kyrillische Zeichensätze entwickeln.

Dazu wählt man aus einer Fülle bekannter Schriftarten eine, auf der die eigenen Zeichen basieren sollen. Wer schon mal eine tolle Schrift gesehen und fotografiert hat, kann Zeichen auch aus dem eigenen Fotoalbum hochladen oder direkt aus der App heraus fotografieren. Die Anwendung zeigt ein vertikales Liniensystem an, das die Erstellung eines harmonischen und flüssigen Schriftbilds erleichtert, und platziert den zu gestaltenden Buchstaben als transparente Vorlage innerhalb dieser Linien.

Zur Verfügung stehen Äquivalente zu Pinseln und Füllfederhaltern, die der Anwender mit dem Finger bedient. Jeder Strich lässt sich im Detail nachbearbeiten, bis man mit dem Zeichen zufrieden ist. Dann gilt es nur noch, in der Preview-Ansicht die Abstände zwischen den einzelnen Zeichen und Wörtern zu definieren. Ist die Schrift fertig, erstellt die App aus den einzelnen Buchstaben und Zahlen einen Schriftsatz, den sie auf die Webseite 2ttf.com hochlädt. Während dieses Prozesses legt man fest, ob der Font auch anderen Nutzern zur Verfügung stehen soll oder ob man ihn nur privat nutzen möchte.

Den neuen Zeichensatz kann man auf dem iPad installieren und in anderen Apps nutzen – beispielsweise in der Textverarbeitung Pages. Die Installation der Schrift erfolgt als iOS-Schriftprofil. Alternativ kann man sie als Desktop-Schrift oder am Computer beziehungsweise Laptop direkt von der Webseite herunterladen. Einen Link sowie eine PIN zum Zugriff auf private Fonts stellt die App zur Verfügung.

Schriftgestaltung mit iFontMaker ist einfach und macht Spaß, definitiv eine lohnenswerte Anwendung aus dem Bereich Typografie. Sie ist zum Preis von 8,99 Euro im iTunes Store erhältlich.

Android-Nutzer sollten sich Fonty anschauen. Beim Erstellen einer neuen Schrift in Fonty muss man sich zunächst für eine Sprache entscheiden und bekommt dann die dafür benötigten Zeichen als Schablonen angezeigt. Möchte man also Zeichen für Umlaute und das Eszett erstellen, muss man als Sprache Deutsch wählen. Allerdings hat man dann keinen Zugriff auf Sonderzeichen anderer Sprachen, etwa Buchstaben mit Zirkumflex im Französischen.

Für jeden Buchstaben gibt es einen Platzhalter, den der Anwender in die Schrift übernehmen oder als Vorlage im Hintergrund lassen kann. Die Malwerkzeuge sind recht einfach gehalten. Es gibt einen normalen und einen Kalligrafie-Stift, die sich beide in verschiedenen Stärken nutzen lassen. Daneben bietet die App einen Radiergummi und ein Werkzeug zur Kurvenglättung.

In einem Vorschaubildschirm kann man die Schrift in einem Mini-Editor ausprobieren, ihr Export erfolgt im True-Type-Format mit Androids üblichen Teilen-Methoden. Im Test war es kein Problem, die Datei per E-Mail zu verschicken oder mit einer Dateimanager-App im lokalen Dateisystem zu speichern.

Weiter ins Detail gehen

Die App ist kostenlos in Google Play verfügbar, ist allerdings nicht so ausgereift und professionell wie iFontMaker. Trotz der Einfachheit machte das Erstellen einer Schrift auf einem Samsung Galaxy Tab S3 mit dem Samsung S-Pen durchaus Freude.

Wer keinen Hintergrund in visuellem Design hat, tut sich mit den ersten Gestaltungen bestimmt ein bisschen schwer. Für die Einarbeitung in Typografie gibt es durchaus Alternativen zum klassischen Design-Studium.

Auch einige mobile Anwendungen vermitteln das nötige Hintergrundwissen für das Schriftdesign. Eine gelungene App für iOS-Nutzer ist Typography Insight, die in die Grundlagen des Zeichendesigns einführt. Wer im Englischen sattelfest ist, lernt die Unterschiede zwischen Typeface und Font, Styles und Family, Serif und Sans Serif kennen. Auch Leading und Kerning sind nach Durcharbeiten des „Learn Basics“-Abschnitts keine Unbekannten mehr. Geht man von dort aus weiter ins Detail, kann man sich auch mit Begriffen wie Ascender, Apex, Stem, Spine und Tail vertraut machen.

In kleinen Übungseinheiten lassen sich die Unterschiede verschiedener Schriftarten im Einzelnen erkunden. Die App enthält zwanzig historische Fonts, und wer über eine Adobe-ID verfügt, kann sich zusätzlich mit Tausenden von Schriftarten aus Adobes Typekit beschäftigen. Genau das richtige Werkzeug für Schrift-Nerds und solche, die es werden wollen. Typography Insights kostet 2,29 Euro im iTunes Store.

Freunde des strukturierten Lernens können mit der Coursera-App (für iOS und Android) den Kurs „Introduction to Typography“ belegen. Coursera ist kostenlos, der Kurs ist Teil einer umfassenderen Spezialisierung zum Thema Grafikdesign für 49 US-$ pro Monat. Wer also nur die Typografie-Schulung absolvieren möchte, muss das Abo gegebenenfalls nach einigen Wochen kündigen.

Natürlich bieten die App Stores auch eine große Anzahl von Anwendungen, die sich weniger formal mit Typografie befassen. TypeDrawing für Android erlaubt es, mit Typografie kreativ zu zeichnen. Der Nutzer erstellt einen kurzen Text, wählt Schriftart und Farbe und kann diesen Text dann als Pinsel benutzen. Die App bietet verschiedene Zeichenmodi an, und der Nutzer kann einfarbige Hintergründe oder Bilder mit seinen eigenen Kreationen kombinieren. Diese stehen dann für den Export zu anderen Android-Apps als .png-Datei zur Verfügung.

Keine gute Idee: Root-Rechte für Apps

TypeDrawing ist ebenfalls kostenlos, zeigt aber Werbung an. Sie lässt sich über einen In-App-Kauf zum Preis von 1,09 Euro entfernen. Ebenfalls als In-App-Kauf erhältlich ist ein Pro-Modus zum Preis von 2,99 Euro mit weiteren Schriften, dem Entfernen von Wasserzeichen in den Bildern sowie einigen anderen Verbesserungen der App.

iOS-Nutzer zahlen 2,29 Euro für die App, allerdings nur diejenigen, die noch nicht das Update in die reine 64-Bit-Welt von iOS 11 vollzogen haben. Es ist zurzeit unbekannt, ob der Entwickler die App auf dieser Plattform weiter aktualisieren wird.

Geht es um das Thema Font-Identifizierung, ist die Ausbeute in den App-Stores eher enttäuschend. Ein Großteil der beworbenen Apps erfüllt die Aufgabe schlichtweg nicht. Andere sind sogar als gefährlich zu betrachten, da sie auf Android-Geräten Root-Rechte erfordern, Hunderte von Schriften installieren wollen oder so unverschämte Zugriffsrechte verlangen, dass man sie besser generell ignoriert.

Im Web gibt es mit WhatTheFont! und Fontspring Matcherator allerdings zwei Dienste, die die Identifizierung von Schriften ermöglichen. Matcherator bietet dazu auch eine einfach nutzbare mobile Webseite, die man sich gegebenenfalls bei häufiger Nutzung auf den Homescreen legen kann. Die Webseite akzeptiert jedoch nur Dateien bis zu 2 MByte, daher muss man in der Regel fotografierte Typografie vor dem Hochladen mit einer Bildbearbeitungs-App verkleinern. Zu WhatTheFont! findet man eine iOS-App, die jedoch seit 2011 nicht mehr aktualisert wurde und daher nicht mehr guten Gewissens empfohlen werden kann. (ka)