iX 11/2023
S. 78
Report
Business

Meinung: KI, das Ende des klassischen Offshorings?

Offshoring ist in der IT-Branche weit verbreitet, bringt jedoch immanente Probleme mit sich. Warum die Zukunft AI-Shoring heißt, welche Auswirkungen und Chancen das für Unternehmen hat – und Offshoring doch nicht ganz verschwinden wird.

Von Marcus Schüler

Near-und Offshoring sind heute fester Bestandteil der meisten IT-Strategien. Als ich in den frühen 2000er-Jahren als CEO Europe für den strategischen Aufbau und die operative Leitung bei einem der großen indischen Offshore-Anbieter tätig war, war das noch anders: Außerhalb der angelsächsischen Länder war das Geschäftsmodell des Auslagerns interner IT-Prozesse damals noch nicht verbreitet. Es galt noch viel zu erklären, zu erproben und zu beweisen. In einigen Bereichen reine Pionierarbeit. Doch das Modell, wie es inzwischen bekannt und etabliert ist, wird bald zum Opfer der nächsten großen Disruptionswelle der IT, ausgelöst durch KI – die Revolution frisst ihre eigenen Kinder. Auch, weil Offshore-Modelle – und das hat sich nicht wesentlich geändert in den letzten 20 Jahren – mit einigen systemimmanenten Problemen einhergehen.

Wieder stehen wir also an einer Schwelle, die Pioniergeist und -arbeit erfordert und abermals ein Modell hervorbringt, das sich durchsetzen wird. Erneut zählt Geschwindigkeit, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Aber ich habe noch ein Déjà-vu in diesem Zusammenhang: Es sind die ethischen Implikationen, die mit dem Wandel einhergehen. In den frühen 2000er-Jahren prasselten zum Teil massive Vorwürfe auch persönlich auf mich ein, wir würden Arbeitsplätze in Deutschland und Europa vernichten. Dass dies nicht der Fall war – im Gegenteil –, haben die vergangenen beiden Jahrzehnte gezeigt. Nun wird es KI sein, die noch von Menschen ausgefüllte Stellen besetzt, und wieder stehen wir vor der Frage, welche Auswirkungen das gesellschaftlich haben wird. Ausgang diesmal – ungewiss.

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