iX 3/2023
S. 3
Editorial
März 2023

Mozilla geht neutral einen weiteren Schritt Richtung irrelevant

Philipp Steevens

Mit der Entscheidung, JPEG XL ebenfalls fallen zu lassen, zeigt Mozilla vor allem eins: Es fehlt der Mut, sich vom Chromium-Ökosystem abzuheben. Das Hauptargument für das Entfernen der experimentellen Unterstützung aus dem Firefox-Browser lässt sich indes leicht entkräften. Dem neuen Format attestieren die Entwickler einen hohen Wartungs- und Entwicklungsaufwand – der aber gar nicht bei Mozilla liegt. Hinter JXL steht die Joint Photographic Expert Group, die den eigenen JPEG-Standard damit ersetzen will. Das neue Format lässt sich ganz banal per Bibliothek in Browser wie Firefox oder Chrome einbinden.

Geht das so leicht? Ja, denn ironischerweise unterstützen drei ursprünglich aus Firefox geforkte Browser JPEG XL. In Waterfox ist das Format standardmäßig aktiviert, Pale Moon und Basilisk fügten es im November 2022 und Januar 2023 hinzu. Für die frickeligen Winz-Browser lässt sich das Problem anscheinend mit angemessenem Aufwand wuppen. Wieso also nicht auch beim dicken Mutterschiff?

Das zweite Argument entkräftet Mozilla dann gleich selbst: Ein neues Format müsse gute Funktionen aufweisen und dabei performant sein. Und nur einen Absatz weiter attestiert das GitHub-Issue genau das: JPEG XL beinhaltet gute Features und performt gut – in Benchmarks zur Bildqualität sogar besser als die Konkurrenzformate AVIF und WebP.

In der eigenen verdrehten Argumentation unterstützt Mozilla damit sogar die Kritiker an Googles Entscheidung, das Format aus Chromium rauszuwerfen. Im Oktober 2022 hatte Google mit der ebenfalls schwammigen Begründung der Performance den Rauswurf des experimentellen Features JPEG XL aus Chromium bekannt gegeben. Viele unterstellten Google das Motiv, eigene Formate pushen zu wollen, da der Konzern mehr Energie in die Entwicklung von AVIF und WebP stecke. Zwar sind alle drei offene Formate, JXL ist jedoch als einziges lizenzfrei.

Die Diskussion um die Performance der drei Formate wirkt dabei wie ein Bilderbuch-Strohmann. Die JXL-Konkurrenten AVIF und WebP mögen theoretisch ähnlich gute Kompression und Bildqualität ermöglichen, stammen jedoch von Videocodecs ab. Es steht zu befürchten, dass in der Praxis die Kompression der Bilder höher gewichtet wird als die Qualität. JPEG XL ist unter den dreien das einzige native Bildformat und hebt sich dadurch für den professionellen Foto- und Grafikeinsatz von den anderen Formaten ab.

Am Ende der Absage an JPEG XL verspricht Mozilla dann doch, dass man das Format aufnehmen könne, wenn es sich weiterentwickle. Fraglich ist, ob sich der Standard ohne die Unterstützung in Webbrowsern weiterentwickeln kann. So bleibt Mozilla dem Format gegenüber nun „neutral“ – indem man es aus Firefox entfernt. Im Klartext: Mozilla ist es egal, ob sich das Format entwickelt, und es droht irrelevant zu werden. Genau wie Firefox, wenn sich der Browser nicht bald wieder traut, sich maßgeblich von der Chromium-Flotte abzuheben.

Philipp Steevens

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