Hindernisse grüner RZs

Verträge, Ängste, Konkurrenz witternde Energiekonzerne und auf Verschwendung beruhende lukrative Geschäftsmodelle haben eines gemeinsam: Sie alle stehen den Bemühungen der RZ-Branche um eine klimaverträglichere Zukunft im Wege.

Von Bernd Schöne

iX-tract

Nirgends in der IT ist die Diskrepanz zwischen dem technisch Sinnvollen und dem tatsächlich Vorfindbaren so groß wie bei der Rechenzentrumsinfrastruktur.
Absurde vertragliche Vorgaben etwa zu Temperaturen oder Überbrückungszeiten, ausgearbeitet von Versicherungen, Finanz- und Behördenabteilungen ohne technischen Sachverstand, blockieren oft längst überfällige Modernisierungen.
Lukrative Geschäftsmodelle im Beratungs- und Colocation-Business profitieren von der in RZs weitverbreiteten Energieverschwendung.
Energieversorger sehen in RZs, die ihre Abwärme zur weiteren Nutzung abgeben wollen, Konkurrenten und Gefährder ihrer eigenen Geschäftsmodelle.
Ängste bei IT-Verantwortlichen, etwa vor dem Scheitern neuer grünerer Strategien und Techniken oder vor Wasser im RZ, gehören ebenfalls zu den Bremsen grüner Rechenzentren.

Nicht zwingend beschreibt der Stand der Technik den technischen Stand der Installationen. Besonders gravierend ist der Zeitverzug zwischen verfügbarer und genutzter Technik bei Rechenzentren. Die sollen nach dem Bekunden von Politik und IT-Wirtschaft immer grüner werden, stattdessen geht der Ressourcenverbrauch durch die Decke, denn im Zeitalter des Internets und der Digitalisierung braucht die Ökonomie immer mehr RZs.

Vielleicht war „Grün“ aus diesem Grund die am häufigsten plakatierte Farbe auf der Frankfurter Datacenter Konferenz 2022. Jeder wollte sich so ökologisch wie möglich präsentieren. Damit reagiert die Branche auf den zunehmenden politischen Druck. „Am Ende zählen aber nur die Service-Level-Agreements“, fasste ein Techniker eines bekannten IT-Unternehmens auf der Messe die Situation aus seiner Sicht zusammen – natürlich unter der Auflage, ihn nicht zu zitieren. Der Kunde ist auch im RZ König, und oft ist das Versicherungsunternehmen des Kunden der Kaiser. Und der Ressourcenverbrauch geht durch die Decke, denn im Zeitalter der Digitalisierung braucht die Ökonomie immer mehr RZs.