Verdient Apple Lob für die iCloud-Verschlüsselung?

Nach jahrelanger Kritik sichert Apple die iCloud endlich mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ab. Ein Grund zur Freude?

Von Malte Kirchner und Ben Schwan

Die Entscheidung von Apple, endlich eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2EE) für die iCloud einzuführen, ist ein echter Gewinn für die Privatsphäre. Wir von Mac & i haben dem iPhone-Hersteller mit dem Thema immer wieder in den Ohren gelegen, weil viel von dem, was Apple auf seinen Geräten für Datenschutz und Sicherheit tat, durch das unverschlüsselte iCloud-Backup wieder ausgehebelt wurde (s. Mac & i 3/2022, S. 8). Egal ob sensible iMessage-Botschaften, Fotos oder andere Inhalte: Auf dem Gerät und zwischen Nutzern waren sie abgesichert, der Nachschlüssel lag jedoch stets auf den Servern des Konzerns bereit. Und in China muss Apple die iCloud-Daten bei einem im Staatsbesitz befindlichen Provider hosten, um den Dienst dort überhaupt betreiben zu können. Das ergab eine höchst seltsame kognitive Dissonanz: Wer Freunden und Verwandten das vermeintlich sichere iPhone empfahl, musste im gleichen Atemzug vom unsicheren iCloud-Backup abraten, das auch noch defaultmäßig aktiviert ist. Stattdessen sollten sie die Daten besser lokal am Mac oder PC sichern, was viel mehr Mühe macht. Das ist nun vorbei: Endlich wird fast alles Wichtige geschützt, sobald der erweiterte Datenschutz aktiviert wurde. Dass Mail, Kalender und Kontakte aus Kompatibilitätsgründen für Apple selbst zugreifbar bleiben, lässt sich, wenn man es weiß, verschmerzen. Apple scheint interne Widerstände endlich aufgelöst zu haben, die nicht nur aus Angst vor den Behörden, sondern sicherlich auch aus dem Kundensupport kamen, etwa zur Hilfestellung bei vergessenen Passwörtern. Nun sollte der Konzern auch noch die Metadaten verschlüsseln (s. S. 34). Ansonsten bin ich zufrieden. Also mal eine Runde Lob! (bsc)

Apple geht aufs Ganze: Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung markiert auf den ersten Blick das Ende des Erfüllens zahlreicher staatlicher Begehrlichkeiten. Apples jährlicher Transparenzbericht zeigt auf, dass das Unternehmen entgegen dem Datenschutz-Nimbus, der die Kalifornier umgibt, bislang regelmäßig den Schlüssel zum Datenkeller herausgeholt hat und Ermittlungsbehörden half. Erhört Apple jetzt mit der Verschlüsselung die Gebete einiger Kunden? Das wäre ja fast zu schön, um wahr zu sein. Oder ist es eher darauf zurückzuführen, dass Apples Geben und Nehmen mit staatlichen Stellen zuletzt einseitig von der Politik aufgekündigt wurde? Allein die Europäische Union hat mit USB-C-Zwang und neuen App-Store-Vorgaben eine ganze Reihe von Gesetzen realisiert, die in Cupertino als unfreundlicher Akt verstanden werden. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung könnte eine Antwort darauf sein. Doch die Freude der iCloud-Nutzer darüber währt möglicherweise nicht lange. Denn Apple fordert den Gesetzgeber heraus: Duldet er die Verschlüsselung oder verbietet er sie? Insbesondere Staaten wie China könnten eine solche Verschlüsselung in der Cloud schnell wieder verbannen. Auch in der EU wäre eine Duldung nur schwer vorstellbar – schließlich verfolgt sie Pläne, private Chats als Prävention gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder zu kontrollieren. Am Ende kann Apple dabei nur gewinnen. Wenn es die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einführt und sie später von staatlicher Seite kassiert oder eingeschränkt wird, steht das Unternehmen bei seinen Kunden trotzdem gut da. Nur die eigentlich erhoffte Verbesserung für die Nutzer bliebe dann auf der Strecke. Wir sollten uns sicherheitshalber noch nicht zu früh freuen. (mki)

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