Großbritanniens Autoindustrie stirbt

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Honda will sein Werk in Swindon 2021 schließen, womit 3500 Arbeitsplätze verloren gehen, die Zuliefererbetriebe noch nicht mitgerechnet. Toyota will bis Anfang nächsten Jahres überprüfen, ob sie weiterhin in Burnaston produzieren werden. In Anbetracht einer Exportquote von 90 Prozent der dort gefertigten Autos für die EU dürfte die Entscheidung für eine Werksschließung absehbar sein. Allein die drei japanischen Hersteller waren bisher für die Hälfte der englischen Autoproduktion verantwortlich.

Viele Werksschließungensind bereits beschlossen

BMW wird möglicherweise sein Mini-Werk in Oxford langfristig schließen. Schon jetzt werden große Stückzahlen des Minis bei VDL-NedCar in den Niederlanden produziert, außerdem gibt es wohl konkrete Überlegungen, die Produktion des Minis zumindest teilweise nach Südafrika zu verlegen, wo BMW schon seit den 1970er Jahren ein Werk in Rosslyn bei Pretoria besitzt. Jaguar Land Rover galt nach der Übernahme durch Tata 2008 als Musterbeispiel für eine gelungene Sanierung. Die neu entwickelten Modelle kamen gut an bei den Kunden und die Verkaufszahlen gingen nach oben.

Doch auch die beiden britischen Traditionsunternehmen bekommen inzwischen den eisigen Brexit-Wind zu spüren. Tata kündigte ein massives Sparprogramm an und 4500 der 9100 Arbeitsplätze werden entfallen. Land Rover besitzt ein florierendes Werk im EU-Land Slowakei und lässt dort den Discovery und vermutlich nächstes Jahr auch den neuen Defender fertigen. Auch Ford zweifelt am Sinn des Standorts Großbritannien, schließt seine Motorenproduktion in Bridgend, Southampton und Dagenham. Der US-Konzern fährt ohnehin einen harten Sparkurs und will sein zukünftiges Engagement im Vereinigten Königreich überdenken.

PSA-Boss Carlos Tavares kündigte für den Fall eines No-Deal-Brexit an, die nächste Astra-Generation nicht im Vauxhall-Werk in Ellesmere Port, sondern in Südeuropa fertigen zu lassen. Wenn jedoch die Autokonzerne Großbritannien verlassen, werden auch unzählige britische Zuliefererbetriebe ihre Auftraggeber verlieren, was die Arbeitslosenzahlen noch weiter nach oben treiben wird.

Wirtschaftliches Desaster für Großbritannien

Boris Johnson verspricht seinen Landsleuten weiterhin, sämtliche seriöse Wirtschaftsprognosen ignorierend, ein Goldenes Zeitalter nach dem Brexit. Im Bewusstsein eines sicheren wirtschaftlichen Desasters hält er stur am harten Brexit-Kurs fest, dem er seinen Posten als Premierminister verdankt.

Dass der Verlust der Autoindustrie Großbritannien im Mark erschüttern wird, scheinen viele Briten immer noch nicht wahrhaben zu wollen. Sie klammern sich an die Vorstellung, wieder an längst vergangene Zeiten anknüpfen zu können, wenn man erst einmal aus der EU raus ist. Doch die Wahrheit ist, dass es die Autoindustrie in Großbritannien nur ihrer Mitgliedschaft in der EU zu verdanken hatte, dass es ihr noch einigermaßen gut ging. (fpi)