Fred’s Lab ZeKit - Synthesizer mit DiY-Feeling

Dieser Beitrag über Synthesizer behandelt das Selbstbaukit ZeKit. Zur Sprache kommen Montage und Nutzung des vierstimmigen paraphonischen Hybrid-Synthesizers.

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Fred’s Lab ZeKit

(c) Fred’s Lab, ZeKit

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Dr. Michael Stal
Inhaltsverzeichnis

Die Kreationen von Fred’s Lab zeichnen sich durch kreative Namen aus, etwa Töörö, Buzzy! oder eben ZeKit. Die Hardware kommt nicht im sonst typischen Schwarz- oder Weiss-Gewand zu den Nutzern, sondern im erfrischenden Bunt. Dadurch hebt sich Fred’s Lab angenehm hervor, ohne dass die Produkte verspielt wirken. Hinter dem ungewöhnlichen Firmennamen verbirgt sich übrigens Frédéric Meslin, ein Zeitgenosse aus französischer Produktion, der in Deutschland lebt und seit 2016 kleine innovative Synthesizer erfindet und vertreibt. Fred war bis Firmengründung bei bekannten Unternehmen wie Arturia (MiniBrute-Synthesizer) und Waldorf (NW1-Synthesizer) in der Hardware-/ Softwarentwicklung beschäftigt. Diese Erfahrung macht sich bei seinen Geräten bezahlt.

Der Pragmatische Architekt – Michael Stal

Prof. Dr. Michael Stal arbeitet seit 1991 bei Siemens Technology. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Softwarearchitekturen für große komplexe Systeme (Verteilte Systeme, Cloud Computing, IIoT), Eingebettte Systeme, und Künstliche Intelligenz. Er berät Geschäftsbereiche in Softwarearchitekturfragen und ist für die Architekturausbildung der Senior-Software-Architekten bei Siemens verantwortlich.

Philosophie von Freds Unternehmens ist die Bereitstellung portabler Synthesizer, die ihre Besitzer beispielsweise über eine DAW (Digital Audio Workstation) á la Logix Pro X , Cubase, Ableton Live und Bitwig ansteuern. Alternativ können Musiker dafür auch jedes Midi-Gerät, egal ob Hardwaresequenzer, Midi-Keyboard oder Hardware-DAW nutzen.

Interessant ist für den vorliegenden Blog insbesondere der Bausatz ZeKit, da Fred sowohl dessen Software als auch dessen Hardware über eine Open-Source-Lizenz zur Verfügung stellt. Maker können dementsprechend die Firmware anpassen beziehungsweise erweitern, und natürlich ebenso die Hardware nach ihren Vorstellungen modifizieren. Grund genug also, das ZeKit hier zu adressieren.

Arten von Synthesizern - ein kleiner Ausflug in die Welt der Klangsynthese

Die Artikel zum Korg NTS-1 oder Moog Werkstatt-01 sind nicht darauf eingegangen, dass es bei Synthesizern mehr als die subtraktive Synthese im East-Coast-Stil gibt. Stattdessen existieren verschiedene Arten, mit denen Synthesizer neue Klänge kreieren können. Viele Synthesizer implementieren eine Untermenge dieser Varianten. Hier ein Ausschnitt der wichtigsten. Ein gut erklärendes Video zu den genannten Synthese-Arten findet sich auf YouTube.

Subtraktive Synthese

- teilweise auch East Cost Synthese genannt, weil sie Robert Moog an der US-amerikanischen Ostküste entwickelt hat: Das ist die wohl populärste und ursprünglichste Form der Klangerzeugung wie sie auch schon vor Moog z.B. für Orgeln und elektrische Pianos existiert hat. Ausgehend von einer Wellenform wie zum Beispiel einer Rechtsecks- oder Sägezahn-Form, die der Synthesizer über einen Oszillator (VCO = Voltage-Controlled-Oszillator oder DCO = Digitally-Controlled Oszillator) erzeugt, lassen sich über einen (Cutoff-)Filter Frequenzen herausschneiden. Als nächste Komponente kommt ein Verstärker ins Spiel. Dieser Verstärker ist über einen niederfrequenten LFO (Low Frequence Oszillator) modulierbar, woduch interessante Soundeffekte zustandekommen.

Ein Envelope-Generator sorgt für weitere Parameter des erzeugten Klangs wie Attack, Decay, Sustain, Release, die sich z.B. beim Drücken einer Taste auswirken:

  1. Attack: Wie lange braucht der Klang, um auf den höchsten Pegel anzusteigen?
  2. Decay: Wie lange dauert es bis der Ton auf einen kleineren Pegel fällt?
  3. Sustain: Wie hoch ist dieser kleinere Pegel?
  4. Release: Wie lange dauert es bis der Ton wieder auf einen 0-Pegel fällt?

Übrigens muss sich der Envelope-Generator nicht zwangsweise auf die Lautstärke beziehen, sondern kann auch andere Parameter beeinflussen. Bei (semi-)modularen Synthesizern ist es möglich, den LFO über Patchkabel oder eine Modulationsmatrix mit einem beliebigen Parameter zu verbinden. Das öffnet dem Experimentieren Tür und Tor.

FM (Frequency Modulation)

Hier erzeugen DCOs (= Digitally Controlled Oscillators) Wellenformen, die in Carriers und Modulators eingeteilt sind. Algorithmen kombinieren Carrier und Modulator zu einer neuen Wellenform. Im einfachsten Fall existieren zwei Oszillatoren (=Operatoren), von denen einer den anderen moduliert. Im komplexen Fall modulieren mehrere Modulatoren einen Carrier. Frühere FM-Synthesizer waren sehr komplex zu programmieren, weshalb ihre Nutzer oft vorgegebene Presets bevorzugten. Modernere FM-Synthesizer haben die Bedienung durch Hinzufügen weiterer Bedienelemente stark vereinfacht.

Sample-basierte Synthesizer (Sampler)

arbeiten mit vorgegebenen Audioaufnahmen, die sich digital bearbeiten lassen, etwa durch Verschiebung von Tonhöhen, Herausfiltern bestimmter Anteile oder “Loopen” der Soundfragmente.

Wavetable-Synthese

Bei der einfachsten Form der Wavetable-Synthese kann der Benutzer einfach die gewünschte Wellenform aus einer sogenannten Wavetable selektieren. Beim Wavemorphing hingegen gibt der Benutzer eine Wavetable bzw. Wellenformen vor. Der Synthesizer interpoliert dann schrittweise den Übergang von einer Waveform zur nächsten, was interessante dynamische Klangstrukturen ermöglicht. Die vordefinierten Wellenform-Tabellen (Wavetables) lassen sich üblicherweise vom Musiker um eigene Tabellen ergänzen. Zu diesem Zweck existieren entsprechende Editoren bzw. Wavetable-Editors. Dadurch bleibt der Musiker Herr über die Klangvielfalt seines Synthesizers.

Vektor-Synthesizer

erlauben die Vorgabe von (meistens vier) unterschiedlichen Wellenformen. Mittels eines Bedienelements wie zum Beispiel einem Joystick können Musiker beliebig zwischen diesen Wellenformen wechseln. Die Wechsel erfolgen dabei abrupt und nicht interpoliert.

Additive Synthese

Als Basis fungiert hier ein Grundton, auf dem weitere harmonische Elemente (Wellenformen) aufgesetzt werden. Der Anwender kann einstellen, welche Anteile mehr oder weniger Aufmerksamkeit bekommen sollen. Diese Art von Synthese erleichtert das inkrementelle Kreieren bestimmte Klänge.

Spektral-Synthese

Bei der spektralen Synthese wird ein eintreffender Klang in Spektralbänder zerlegt. Durch mehr oder weniger Betonung der einzelnen Spektralbänder können Musiker additiv oder subtraktiv den gewünschten Klang formen.

Physical Modelling

beinhaltet das Simulieren gewünschter Klänge, etwa das Generieren der Klänge von Streichinstrumenten, Gitarren, Orgeln, … Als Fundament für die Kreation bestimmter Klänge fungieren DSPs (Digital Sound Processors). Getrennt wird dabei in Exciter (zum Beispiel eine Klaviertaste), Resonance Body (zum Beispiel der Korpus des Klaviers) und in die Position und Art wie der Exciter den Resonance Body anregt (zum Beispiel welche Taste wie gedrückt wurde).

Granular-Synthese

Der Synthesizer zerlegt einen vorgebenen Klang in seine kleinsten mikroskopischen Bestandteile, die sogenannten Grants. Diese Grants lassen sich verändern, loopen oder umpositionieren. Dadurch ist es möglich, komplett neue Klangwelten zu erschaffen.

West-Coast-Synthese

verfolgt einen mehr additiven Ansatz. Über einen Oszillator wird ein Grundklang erzeugt. Ein Waveshaper (bzw. Wavefolder) wendet eine mathematische Funktion an und erzeugt eine neue Wellenfunktion. Die so erzeugten Wellenformen und Klangfarben lassen sich durch Low-Pass-Gates filtern, die eine Mischung aus einem Filter und einen Verstärker darstellen. Sogenannte Functions bilden das Pendant zu einem ADSR-Envelope-Generator, sind aber weitaus flexibler. Wer preisgünstig in die West-Coast-Synthese einsteigen will, kann dies mit dem semimodularen Synthesizer KORG volca modular tun, dessen Straßenpreis etwa 160 Euro beträgt. Die genaueren Unterschiede zwischen East-Coast- und West-Coast-Synthese sowie deren Eigenschaften lassen sich zum Beispiel hier nachlesen.

Wenn die Benutzerin alle Einstellungen für einen bestimmten Sound jedesmal erneut vorzunehmen hätte, müsste sie sich diese Einstellungen (= Presets) aufwändig auf Notizzetteln merken. Daher besitzen Synthesizer Speicherbänke, um vordefinierte und benutzerdefinierte Presets abzuspeichern. Diese Presets sind über die Bedienoberfläche abrufbar, was die Arbeit signifikant erleichtert. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich mittlerweile ein Markt für Preset-Sammlungen für diverse Synthesizer etabliert hat. Auf (semi)-modularen Synthesizern kann der Musiker über Patchkabel oder Modulationsmatrizen den Signalpfad nach eigenen Vorstellungen konfigurieren. Erstere Patches müssen natürlich manuell erfolgen, während letztere Teil des abspeicherbaren Presets sind.

Da es unerschwinglich wäre, wollte ein Hobbyist alle obigen Synthesevarianten mit Hardware abdecken, bietet es sich an, mit virtuellen Instrumenten zu arbeiten. Softwaresynthesizer gibt es für alle Preissegmente von kostenlos bis extrem teuer, und für alle Geräteklassen von Desktop bis Smartphone. Auch stehen entsprechende Plugins (VST, AU, AAX) für die Integration in kommerzielle DAWs und auch in kostenlose DAWs wie Garageband (Mac, iOS, iPadOS), Ardour (Linux) oder Cakewalk (Windows) zur Verfügung. Nicht nur für die ersten Explorationen genügen freie Produkte allemal, zumal sie zum Teil erstaunliche Leistungen und Funktionen bieten.

Auch wenn das ZeKit bei einigen Musikshops wegen der verwendeten digitalen Wellenerzeugung als digitaler Synthesizer firmiert, ist es genau genommen ein Hybrid, da andere Teile wie die Envelop-Generatoren, der Verstärker VCA (Voltage-Controlled Amplifier), oder der Filter VCF (= Voltage-Controlled Filter) analog vorliegen.

Der Synthesizer ist im Prinzip polyphon, das heißt bis zu vier Stimmen können gleichzeitig erklingen. Da sich aber alle Stimmen Komponenten wie den VCF und die Hüllkurvengenerator teilen, gilt ZeKit als paraphoner Synthesizer. Die Synthese der digital erzeugten Wellenformen erfolgt als Kombination von Sägezahnkurven. Generieren lassen sich in diesem Zusammenhang je 8 einstellbare monophone & paraphone Wellenformen. ZeKit integriert einen Sequenzer mit 96 Steps und 4 Noten per Step. Benutzer können zudem bis zu 16 Patterns definieren.

Wer einen Vorgeschmack auf die Möglichkeiten des ZeKit bekommen will, besucht am besten die Produktseite, auf der sich einige Klangbeispiele finden.

Als Schnittstellen offeriert ZeKit einen Midi-Eingang, der beispielsweise den Anschluss eines Midi-Keyboards oder eines Sequenzers erlaubt. Andere Tonquellen sind über einen Audioeingang anschließbar. An einen Audioausgang können Anwender Kopfhörer, Lautsprecher oder weiteres Equipment verbinden, um das vom ZeKit generierte Audiosignal zu verarbeiten. Ein Clock-Eingang erlaubt die Synchronisation des ZeKit mit anderen Geräten.

Herz des ZeKit ist ein 16-bit-Prozessor der Microchip-Produktfamilie PIC24F. Der Mikrocontroller läuft mit 16 MHz. Die PIC24F-Produktfamilie implementiert diverse Anschlussmöglichkeiten wie USB, SPI, UART, I2C, PWMs (Pulse-Width Modulators) und Timer, zudem ADCs (Analog-Digital Converter) und DACs (Digital-Analog Converter). Über I2S lassen sich zwischen dem Mikrocontroller und anderen Komponenten Audiodaten übertragen. Das F in PIC24F steht dafür, dass die Mikrocontroller dieser Familie Flashspeicher integrieren. Programmierbar sind die PIC-Mikrocontroller entweder mit C oder Basic. Microchip stellt für die Programmierung eine integrierte Umgebung namens MPLAB X für Windows, macOS und Linux bereit, die auf einer Java-Runtime beruht.