Motorräder, die Geschichte schrieben, Teil drei

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Leicht und kräftig zugleich dominierte die Ducati 750 SS unter einem Newcomer die 200 Meilen von Imola, obwohl sie nicht ganz fertig war. Ihre Literleistung war mit über 100 PS beachtlich, das ging nur dank der Desmodromik, die entsprechende Drehzahlen erlaubte. Schon damals hatten erste Renner eine Scheibenbremse auch hinten.

(Bild: Ducati)

Der Name Ducati seit dem Sieg der 750 SS bei den 200 Meilen von Imola 1972 fest mit dem Rennsport verbunden. Davor galt Ducati nicht gerade als siegfähig, doch der brillante Ingenieur Fabio Taglioni glaubte an sein 750er-Rennmotorrad. Im vom Serienmodell 750 GT abgeleiteten V2-Motor mit aufwendigem Königswellenantrieb für die Nockenwellen wurden die Ventile von Nocken geschlossen statt, wie üblich, von Federn. Diese Zwangssteuerung, auf gut Altgriechisch auch "Desmodromik" genannt, ließ hohe Drehzahlen ohne Flattern der schweren Ventile zu. Es sind ja nur zwei pro Kopf und damit ist jedes deutlich gewichtiger als eines in einem Vierventilkopf. Erst damit erreichte die 750 SS über 9000 Touren und leistete 86 PS bei 8800/min. Über so viel Leistung hinaus wog das Rennbike trocken nur 162 kg.

Weil keiner der Top-Piloten bei den 200 Meilen von Imola starten wollte, engagierte Ducati den zwar talentierten, aber bis dahin nicht sonderlich erfolgreiche Brite Paul Smart. Völlig fertig war auch die Rennmaschine nicht: Weil sich nur linke Bremssättel fanden, montierte das Werksteam zwei davon, rechts zeigte daher der Anschluss nach unten. Überraschend dominierten die Ducatis das berühmte Rennen gegen die favorisierte Konkurrenz und deren Fahrerstars. In der letzten Runde zog Paul Smart noch vorbei an seinem Markenkollegen Bruno Spaggiari, der Motorprobleme hatte, und holte sich den Sieg, der ihn und die 750 SS unsterblich machen sollte.

Bereits ein Jahr nach dem Sieg in Imola legte die Ducati eine Replika der 750 SS auf, allerdings ohne teure Desmodromik. Eigentlich waren nur 25 Stück vorgesehen, die von der Rennabteilung in Handarbeit gefertigt wurden, doch wegen der überwältigende Nachfrage baute Ducati bis 1974 insgesamt 411 Exemplare. Die 750 SS leistete in Straßenzulassung 73 PS bei 8000/min und erreichte eindrucksvolle 220 km/h. Die Halbschalenverkleidung, Sitzbank, Seitenabdeckungen und sogar der Tank bestanden aus glasfaserverstärktem Kunststoff und drückten das Gewicht auf 200 Kilogramm. Für die ersten 750 SS mit runden Motordeckeln zahlen Sammler heute Höchstpreise.

Honda bot mit der Gold Wing ein konsequent aufs ruhige Dahingleiten konstruierten Tourer an. Das Prinzip "Boxer" lässt Vibrationen gar nicht erst entstehen, der Wassermantel dämmt die mechanischen Geräusche weg und die liegenden Zylinder verschafften dem Bike in Verbindung mit seinem Unterflurtank einen besonders niedrigen Schwerpunkt. Marktpremiere hatte in der Gold Wing eine dritte Bremsscheibe im Hinterrad. Schön zu sehen sind die silbern glänzenden Dome der Gleichdruckvergaser über dem Motor.

(Bild: Honda)

Mangelnden Ehrgeiz konnte man Honda noch nie nachsagen. Als die Marke beschlossen hatte, einen Tourer auf neuem Niveau zu bauen, zog sie alle Register. Das Motorrad sollte mehr Luxus und einen gediegeneren Antrieb bieten, als die etablierte Konkurrenz. Zunächst entstand 1972 ein Prototyp mit einem flüssigkeitsgekühlten Sechszylinder-Boxermotor und Kardanantrieb. Aus Kostengründen entschieden sich die Entwickler schließlich für einen Vierzylinder-Boxer, es blieb aber bei der Wasserkühlung und ihr Kardanantrieb war der Erste in einem japanischen Motorrad.

1975 kam die Gold Wing 1000 mit einem Ein-Liter-Motor auf den Markt, der 82 PS leistete und den 295 kg schweren Tourer nachdrücklich anschob, dabei lief er sanft und vibrationsfrei. Das große Motorrad war längst nicht so unhandlich wie befürchtet, durch den niedrigen Schwerpunkt ließ sich die Gold Wing überraschend gut durch Kurven scheuchen, allerdings setzte sie früh auf. Als Höchstgeschwindigkeit gab Honda 210 km/h an, doch neigte sie bei hohem Tempo zum Pendeln.

Die Gold Wing war das erste Serienmotorrad mit drei Bremsscheiben. Der vermeintliche Tank war eine Attrappe und diente als Stauraum und zur Unterbringung von Luftfilter, Relais und Sicherungen. Der eigentlich Benzinbehälter mit 19 Liter Volumen lag schwerpunktsenkend im Rahmendreieck. Kurios war der Not-Kickstarter zum Aufstecken. Der Tourer bot einen bis dahin nicht gekannten Komfort, erst Recht als sie 1982 eine voluminöse Vollverkleidung erhielt und einen Sessel für den Fahrer. Ab 1987 bekam die Gold Wing doch noch einen Sechszylinder-Boxermotor. Mit 1520 cm3 Hubraum war er sogar der größte Serienmotor auf dem Markt und drückte die dann schon 385 kg schwere Gold Wing mit satten 150 Nm Drehmoment bei nur 4000/min vorwärts.

Mit der Yamaha XT 500 kam ein Viertakt-Enduromodell auf den Markt, das aufgrund seiner in Summe ungekannt ausgewogenen Eigenschaften eine Mode lostrat, deren Ausläufer bis in die Gegenwart reichen. In den 80ern gehörte eine Enduro zum unbeschwerten Lifestyle und so folgten bald Modelle vieler Hersteller mit dem gleichen Konzept.

(Bild: Yamaha)

Seit Erfindung des Motorrads trieb es die Fahrer auch ins Gelände. Doch lange Zeit mussten die Besitzer ihre auf Straßenbetrieb ausgelegten Maschinen selber dafür präparieren. In den 1960er Jahren kamen die Scrambler auf, sie basierten zwar auf Straßenmaschinen, waren aber vom Hersteller mit verstärkten Rahmen ausgestattet. Yamaha brachte 1968 mit der DT 1 ein leichtes Einzylindermotorrad mit relativ langen Federwegen und seitlich unter dem Sattel verlaufendem Auspuff. 1973 erhielt die Nachfolgerin DT 250 als erstes Motorrad einen hochgelegten Vorderradkotflügel, beide aus Gewichtsgründen mit Zweitaktmotoren.

Umso mehr überraschte Yamaha 1976 auf der IFMA in Köln mit der XT 500. Sie war der DT 250 sehr ähnlich, hatte aber einen 499 cm3 großen Einzylinder-Viertaktmotor mit einer obenliegenden Nockenwelle, zwei Ventile und Trockensumpfschmierung. Der Motor leistete 33 PS und bot schon gutes Drehmoment knapp über Standgas, was Geländefahrer sehr zu schätzen wussten. Mit ihren langen Federwegen und nur 150 kg Gewicht meisterte die XT 500 auch holprige Strecken souverän und wurde vom Start weg zum Liebling der Enduristen und Fernreisenden.

Als sie 1978 und 1979 auch noch die beiden Erstausgaben der berüchtigten Rallye Paris-Dakar gewann, gab es über ihre Zuverlässigkeit keine Zweifel mehr. Scharen von Fans tobten mit ihrer XT 500 durch Kiesgruben, durchquerten die Sahara oder fuhren mit ihr morgens einfach nur zur Arbeit. Sie fand bis zu ihrem Produktionsende 1990 sagenhafte 127.446 Käufer und gilt heute als die Urgroßmutter aller Enduros. Die japanischen und europäischen Hersteller orientierten sich danach bei ihren Einzylinderenduros am Konzept der XT 500. Die Tradition lebt fort in der Yamaha Ténéré 700:

(fpi)