Neue Gentechnik: "Wichtiges Element für umweltfreundliche neue Landwirtschaft"

Seite 2: Hoffnung auf weniger Pestizide

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Mithilfe der neuen Gentechnikwerkzeuge lassen sich auch Nutzpflanzen kreieren, die Herbizide vertragen. Dann wäre es doch sogar wahrscheinlich, dass noch mehr Mittel gegen Wildkräuter ausgebracht werden, also mehr statt weniger Pestizide.

Gentechnik ist ein Werkzeug, mit dem man Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften kreieren kann. Herbizid-resistente Pflanzen, die nur dazu angebaut werden, höhere Erträge zu erzielen und dabei negative Umweltauswirkungen durch höheren Pestizideinsatz in Kauf genommen werden, sind sicher kein Fortschritt. Aber wenn die Technik genutzt wird, um schneller trockenresistente Kulturpflanzen zu erhalten, ohne dabei mehr Dünger und Pflanzenschutzmittel einzusetzen, wäre es doch ein Gewinn. Denken Sie an Pflanzen, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren herstellen können, oder Proteine mit einem höheren Nährwert. So könnte man den Zielen, den Tierkonsum zu reduzieren, doch näherkommen, da man gleichwertige pflanzliche Alternativen anbieten könnte. Neue NGT-Pflanzen könnten aber auch wertvolle Elemente in neuen Fruchtfolgen werden, bei denen der Einsatz von mineralischen Düngern oder Pestiziden reduziert werden könnte.

Wie groß könnte der Beitrag der neuen Gentechnik-Methoden für den laut Green Deal nötigen Wandel der Landwirtschaft also sein?

NGT können in Zukunft ein wichtiges Element für eine umweltfreundliche, neue Landwirtschaft sein. Die Sicherheitsüberprüfung neuer Sorten bleibt aber natürlich essenziell und sollte dem Vorsorgeprinzip gerecht werden. Insgesamt erscheint mir der Vorschlag, die Sicherheitsbewertung von NGT-Pflanzen spezifisch den neuen Techniken anzupassen, überfällig, denn die alte Regulation war ja gar nicht für solche Pflanzen entwickelt worden. Die neue Regulierung ist aber auch kein Selbstläufer. Für eine Wende der Landwirtschaft sind andere Maßnahmen weiterhin entscheidend. Die Balance zwischen Produktivität und Nachhaltigkeit muss stimmen. Und dazu gehören vor allem vielfältige Fruchtfolgen, der Parallelanbau verschiedener Pflanzen und auch eine kluge Verteilung der Nahrungsmittel weltweit. Der Maxime, immer höhere Erträge zu erzielen, muss man nicht hinterherrennen.

Kritiker sagen, dass genetisch manipulierte, gegen bestimmte Schadorganismen resistente Sorten mit der Zeit durchaus ihre Resistenz verlieren können und die Technologie daher nicht wirklich nachhaltige Ergebnisse bringe.

Tatsächlich gibt es Fälle, wo die Resistenz zum Beispiel gegenüber dem Bt-Mais am Anfang ganz gut funktionierte, dann aber nachließ und irgendwann haben die Landwirte dann doch wieder Pestizide gesprüht. Und das ist natürlich überhaupt nicht sinnvoll. Aber es gibt eine klare Empfehlung für den Anbau, die von den Betrieben in solchen Fällen offenbar nicht konsequent befolgt wurde. Beim Anbau von Bt-Mais sollte der Landwirt auf einem Teil seines Ackers herkömmliche Sorten kultivieren, damit sich Bt-empfindliche Insekten dort ernähren und vermehren können, sodass sich keine Resistenz in den Populationen anreichern kann. Aber der Landwirt muss dafür eben diese sogenannten Refugien einrichten, auf denen er dann möglicherweise keinen oder nur einen verminderten Ertrag hat.

Befürworter versprechen sich von einer neuen Regulierung, die Konzentration auf wenige große Saatguthersteller aufzuweichen. Ist das realistisch?

Ich glaube, dieser Trend zur Monopolisierung, der die ökonomische Vielfalt gefährdet, ist vielfach sichtbar, unabhängig von dem Thema Gentechnik. Aber tatsächlich wird es mit den neuen Gentechnikwerkzeugen meines Erachtens mehr Möglichkeiten geben, dass Forschungseinrichtungen aktiv werden, mit dem Ziel eine nachhaltige Landwirtschaft zu ermöglichen. Und deren Interesse ist es nicht, Gewinne zu erzielen und Patente zu sichern.

Man könnte Produkte und Verfahren nach dem Prinzip "Open Source" fördern, damit positive Entwicklungen auch andere nutzen. Und das wäre definitiv ein Vorteil. Bisher hat man die Gentechnik für die Landwirtschaft zu sehr der Industrialisierung überlassen, um noch höhere Erträge zu erzielen. Die Chancen, NGT für die Entwicklung umweltfreundlicher Alternativen zu nutzen, wurden meines Erachtens bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

(anh)