Science-Fiction-Klassiker: 40 Jahre Blade Runner

Seite 2: Worum es geht

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Die Quintessenz von "Blade Runner" fasst Paul M. Sammom, Autor eines Buches über die Entstehung des Films, kurz zusammen: "Es gibt universelle Fragen in diesem Film. Warum bin ich hier? Wer bin ich? Warum muss ich sterben? Gibt es eine Möglichkeit, etwas länger zu leben?" Noch kürzer bringt es der Spezialeffekte-Meister Don Trumbull auf den Punkt: "Was bedeutet es, Mensch zu sein?" Und wesentlich poetischer der Replikant Roy am Ende des Films.

"Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet. Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion. Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen. … Zeit zu sterben."

In dem Moment, in dem Roy durch Poesie menschlich wird, in dem Moment stirbt er. Und er lässt seinen Jäger Deckard am Leben, weil er den Wert des Lebens erkennt. Die beiden letzten Sätze des Zitats stehen nicht im Drehbuch; sie kommen Rutger Hauer spontan.

Ob Deckard selbst ein Replikant ist, wird gern diskutiert. Laut dem Drehbuch-Autor Fancher sei Deckard als Mensch angelegt, aber es werden Krümel eingestreut, die auch eine andere Interpretation zulassen. An einer Stelle glühen Harrison Fords Augen, wie es bei Replikanten typisch ist. An einer anderen Stelle faltet Gaff ein Einhorn-Origami, was eine Anspielung darauf sein kann, dass das von Deckard geträumte Einhorn nur eine eingepflanzte Erinnerung ist. Am Ende gratuliert Gaff Deckard, er habe einen "einen Männer-Job getan". Aber "man's job" könnte auch "Menschen-Job" meinen.

Die Welt in "Blade Runner" entsteht nicht am Rechner, sondern auf traditionelle Weise. Statt Computer-Tricks, die zu jener Zeit ohnehin nur in einzelnen Szenen eingesetzt werden – bei "Alien" etwa für Monitor-Anzeigen während der Landung auf dem Planeten –, gibt es eine Kombination aus echten Drehorten, Modellen und gemalten Hintergründen.

Weiß ist die Farbe der Zukunft in den Filmen der 60er und 70er, sehr präsent zum Beispiel "2001". Scott hingegen orientiert sich am Film Noir der 30er und 40er Jahre, in dem das Zusammenspiel von Licht und Schatten eine besondere Rolle spielt. Wie in "Blade Runner" gibt es überall dunkle Ecken.

Überbevölkerung und trotzdem Vereinsamung. Die Menschen haben den Planeten zerstört und müssen nun auf ihm leben. "Die hohen Gebäude machen die Straße zum Keller der Stadt", meint Syd Mead. Der Industrie-Designer, der bereits an "Star Trek – Der Film" und "Tron" mitwirkte, entwirft "Ridleyville" durch Konzept-Zeichnungen. Beton-Moloche, eingefärbt mit greller Neon-Werbung, zwischen denen die Menschen wie Ameisen wuseln. Da sie sich nichts Neues leisten können, wird Altes repariert. Davon zeugen die vielen Schläuche, die nachträglich an den Gebäuden angebracht sind.

Blade Runner (1982) (25 Bilder)

Das dystopische LA des 21. Jahrhunderts.
(Bild: Warner Home Entertainment)

"Metropolis" ist eine Inspiration. Jener Stummfilm von 1927, der als erster eine futuristische Stadt mit Hochhäusern und fliegenden Fahrzeugen zeigt. Scott führt seinem Team den Film vor. Genau wie Fritz Lang zeigt Ridley Scott eine vertikale Welt, unterteilt in Arm und Reich, in Unterstadt und Oberstadt. Nachts beleuchtet durch wandernde Scheinwerfer. Beide Städte haben einen prägnanten Mittelpunkt. In "Metropolis" ist es der "neue Turm Babel", in "Blade Runner" der Konzernsitz von Tyrell. Von dort, von oben, blicken wir auf eine Stadt, auf sein Reich.

Der erdachte Blick in die Zukunft unterscheidet sich nicht sehr vom Los Angeles der heutigen Tage. Eine Mischung aus New York und Hong Kong, für die man den Namen San Angeles überlegt, im Hinblick auf das mögliche Zusammenwachsen mit dem (500 km entfernten) San Francisco. Zu erkennen ist die wachsende Bedeutung des Multikurellen, dargestellt etwa durch die asiatische Prägung und verkörpert durch den von Edward James Olmos gespielten Gaff, der "Cityspeak" spricht, viele Sprachen auf einmal.