40 Jahre CD: Die silberne Klang-Revolution

Seite 2: CDs brennen wird zum Volkssport

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Schon Ende der 1980er kommen die ersten bespielbaren CD-Rs und passende Brenner und Audiorecorder auf – allerdings zu Gerätepreisen um 20.000 D-Mark; ein Rohling kostet um 50 D-Mark. Ein knappes Jahrzehnt später ist das einstmalige Luxusvergnügen Volkssport: Die Preise für PC-CD-Brenner fallen um 1996 unter die magische 1000-DM-Grenze, 1997 stellt Philips mit dem CDR 870 den ersten bezahlbaren Audio-CD-Recorder vor. Philips hat sich da längst von seinem Musikgeschäft getrennt und bastelt bereits an löschbaren CD-RWs, der Super-Audio-CD und der DVD – immer im Verbund mit Sony.

Herzstück der CD-Spieler ist der infrarote Halbleiterlaser, der Licht zur Disc schickt und dessen Reflexion ausliest, bevor er ihn an die Player-Eletronik leitet.

(Bild: Philips)

Die Super-Audio-CD wird kein Erfolg – Sonys und Philips’ Rivalen setzen auf die Audio-DVD, die Musikbranche kann sich nicht entscheiden und kämpft zu der Zeit schon gegen CD-Brenner und MP3-Raubkopien im Internet. Zudem ist das für die SA-CD genutzte Audioformat Direct Stream Digital in der existierenden PCM-Studio-Infrastruktur ein teurer Fremdkörper.

Die physische Doppelschicht-Disc der SA-CD sollte nach dem Willen von Sony und Philips auch Basis der DVD werden – alle anderen damals wichtigen Hersteller, allen voran Panasonic, Pioneer, Thomson und Toshiba, bevorzugen eine zweiseitige Disc. Schlussendlich gießt man alle Technologien in die finale DVD – während die Doppelschichttechnik Standard ist, muss man zweiseitige Video-DVDs lange suchen.

Schon bei den bespielbaren DVDs ist es mit der Einigkeit vorbei: Sony und Philips schlagen die DVD+RW und später die DVD+R vor, Panasonic die DVD-RAM, der Rest DVD-R(W). Die ersten DVD-Videorecorder kosten 2001 (ohne Festplatte) 4000 bis 6000 D-Mark. Um sein Format durchzudrücken, verteilt Philips an asiatische Hersteller sogenannte DVD-Recorder-Referenzdesigns. Binnen weniger Jahre überschwemmen billige DVD+RW-Recorder den Markt. Gebracht hat der Sieg in diesem Formatkrieg Philips nichts – mit den Produkten war kein Geld mehr zu verdienen, nach einigen Jahren beherrschten die Recorder ohnehin alle Formate.

Statt des Infrarotlasers der CD nutzt die DVD einen roten. Will man die Kapazität der Discs weiter steigern, ist der zwingende nächste Schritt der Wechsel zum noch kurzwelligeren blauen Laser. Alle Branchengrößen außer Toshiba und NEC wollen die Blu-ray-Disc – das renitente Duo setzt auf die HD-DVD. Dieser Formatkampf lähmt den Markt – und bis sich endlich die Blu-ray durchsetzt, holen Flash-Speicher und Festplatten auf.

Die Blu-ray-Disc markiert das Ende der optischen Medien beim Philips-Konzern – im Bild die Lasereinheit eines universellen Brenners aus dem Jahr 2004.

(Bild: Philips)

Erscheinen zur Jahrtausendwende die knapp fünf Gigabyte Kapazität einer DVD als kaum vorstellbare Datenmenge, sinkt das Verhältnis immer mehr zu Ungunsten der Scheiben. Als physisches Medium sind CD, DVD und Blu-ray zwar nach wie vor konkurrenzlos günstig – aber viele aktuelle Computer haben gar kein Disc-Laufwerk mehr; Filme und Musik kommen oft per Streaming auf die Geräte. In den USA stellt die Kette “Best Buy” 2018 den CD-Verkauf ein.

Für die Grabrede auf optische Medien im Allgemeinen und die CD im Besonderen ist es aber noch zu früh: Anders, als manche Kritiker unken, laufen die über 30 Jahre alten Musikscheiben aus der Sammlung des Autors immer noch einwandfrei. Nur Anfang der 1990er produzieren einige Presswerke Murks – die davon betroffenen Scheiben sind tatsächlich schon lange unlesbarer Plastikmüll.

Die technischen Daten der Audio-CD bestehen auch noch 40 Jahre nach der ersten Demonstration – ihr einzig echtes Defizit ist die fehlende Mehrkanalfähigkeit. Dass viele aktuelle Titel bescheiden klingen, liegt an unfähigen Produzenten, die zugunsten grotesker Lautheit von den möglichen 96 Dezibel Dynamikumfang kaum etwas nutzen. Philips-Unterhaltungselektronik kommt heute von einer Tochter des chinesischen Konzerns TPV. Langfristig halfen die CD und ihre Nachfolger dem einstigen Philips-Konzern also nicht.

Wie Musik-Streaming-Dienste klanglich gegen die Audio-CD bestehen, analysiert das Computermagazin c't in der Titelgeschichte der kommenden Ausgabe 7/2019 (ab dem 16. März am Kiosk). (dahe)