Datenschutz-Gutachten an Innenministerium übergeben

Die Experten plädieren für ein umfassendes Bundesdatenschutzgesetz und weniger Spezialgesetze.

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Von
  • Holger Dambeck

Bundesinnenminister Otto Schily bekam heute neuen Lesestoff zum Thema Datenschutz: Drei Gutachter, darunter auch der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka, überreichten dem Ministerium eine 300-seitige Expertise zur Modernisierung des Datenschutzrechts in Deutschland. Den Auftrag zum Gutachten hatte Schilys Behörde selbst erteilt.

Experten fordern schon länger eine grundlegende Reform der Datenschutzgesetze. Zuletzt war das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) im Mai novelliert worden -- allerdings weniger, um es zu modernisieren, sondern vor allem, um einer EU-Richtlinie zu genügen.

Das heute vorgelegte Gutachten kritisiert das bisherige BDSG als überholt, zu kompliziert und ineffektiv. Die Ursache liegt nach Auffassung der Autoren auf der Hand: Die Regelungen stammen aus den 70er Jahren. Als Hauptbedrohung der Privatsphäre galt damals die staatliche Datenverarbeitung. Heute, so meinen die Gutachter, fänden sich bei privaten Datenverarbeitern wesentlich größere und sensitivere Datenbestände. Auch die Besonderheiten der Informationsgesellschaft fänden sich im bisheringen BDSG kaum wieder.

Als Lösung empfehlen die Gutachter ein umfassendes, allgemeines Bundesdatenschutzgesetz, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich und präzise regelt und offene Abwägungsklauseln vermeidet. Eigenständige Regelungen für bestimmte Bereiche sollten in Zukunft eine Ausnahme sein. So raten die Experten dem Gesetzgeber, das Telekommunikations- (TDSV) und Teledienstedatenschutzrecht (TDDSG) künftig in das BDSG zu integieren.

Zudem schlagen die Gutachter einen Paradigmenwechsel vor: Datenschutz müsse künftig durch und nicht gegen Technik erreicht werden. Nicht Daten seien zu vermeiden, sondern deren Personenbezug. Bei einem ausdrücklichen Anspruch auf Anonymität und Pseudonymität könne jeder Bürger frei entscheiden, welche Informationen er preisgeben will.

Die Experten empfehlen außerdem, die Datenverarbeitung transparenter zu machen, und zwar durch Offenlegung des verwendeten Quellcodes zumindest gegenüber Datenschutzprüfstellen. Das Gutachen wiederholt die Forderung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in das Grundgesetz aufzunehmen. Es ist bislang allein durch ein Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts garantiert.

In einem neuen BDSG muss nach Meinung der Experten auch die Datenschutzkontrolle vereinfacht werden. Öffentlichen Behörden, private Unternehmen, Telekommuniationsanbieter und Mediendienste würden meist von verschiedenen Stellen beaufsichtigt -- ein einheitlicher Ansprechpartner für die Bürger sei vonnöten. Mit einer Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes ist nicht mehr vor der Bundestagswahl 2002 zu rechnen, teilte das Innenministerium mit. (hod)