Denic noch ohne Dolderer

Der frisch gebackene Denic-Aufsichtsrat muss sich jetzt mit der Besetzung des vakanten Vorstandssitzes befassen. Sabine Dolderer hält sich noch bedeckt.

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Von
  • Monika Ermert

Zügig, aber nicht übereilt, will der frisch gebackene Aufsichtsrat der Denic eG die wichtigeste anstehende Personalentscheidung fällen: die Besetzung des dritten hauptamtlichen Vorstandspostens. Johannes Loxen von der SerNet GmbH und Tom Keller von 1&1 der Internet AG wollten allerdings noch nichts dazu sagen, ob man der vom abgewählten Aufsichtsrat ins Aus gedrängten Sabine Dolderer erneut den Vorstandssitz antragen will. Beide betonten, man werde nach der besten Lösung für die Denic suchen. Die Personalentscheidung sei zwar der Ausschlag gebende, nicht aber der einzige Grund für die Abwahl des Aufsichtsrats mit Sebastian von Bomhard an der Spitze gewesen, sagte Keller.

Die Verärgerung vieler Denic-Mitglieder zeigte sich gestern auch in der fehlenden Entlastung für die Aufsichtsräte, die die Trennung von Dolderer befürwortet hatten. Auch für die verbliebenen hauptamtlichen Vorstandsmitglieder gab es nach Informationen von heise online einigen Gegenwind. Die beiden Vorstandsmitglieder Stephan Deutsch und Andreas Bäß wollten heute die Generalversammlung nicht kommentieren und verwiesen auf den neuen Aufsichtsrat. Auch ihre Gegenspielerin Dolderer mochte vorerst keine Fragen zu einem möglichen Wiedereinstieg bei der Denic beantworten. Dass das Dreierteam wieder zusammen zum Einsatz kommt, ist angesichts der Differenzen im Vorstand schwer vorstellbar.

Die weitere strategische Ausrichtung der Denic, einer der Zankäpfel, steht nach der Klärung der Personalfragen auf dem Programm der fünf neuen Aufsichtsräte. Die beiden grundsätzlichen Strategien für die Denic sind die Expansion in den globalen Markt der Registry Service Anbieter oder die Konzentration auf das .de-Kerngeschäft. "Dazwischen gibt es viele Abstufungen," sagte Loxen. Er selbst sehe das leidenschaftslos. Die Strategieplanung sei in erster Linie Aufgabe des komplettierten Vorstands. Der Aufsichtsrat entscheide dann, ob er die Planung für gut halte und werde auch prüfen, ob sie von der Mitgliedschaft getragen werde. Keller sagte, eine Konzentration auf .de mache seiner Meinung nach Sinn. Allerdings wolle er den dazu neu anlaufenden Überlegungen in Vorstand, Aufsichtsrat und Mitgliedschaft nicht vorgreifen.

Kritik gab es am "Tag danach", weil der neue Aufsichtsratsvorsitzende auch beim potentiellen Registry-Wettbewerber CORE engagiert ist. CORE, 1&1 und EPAG, für das Alexander Schwertner in den Aufsichtsrat eingezogen ist, gehören zudem zu den Gründern von Afilias, einem weiteren großen Wettbewerber im Registrygeschäft. Theoretisch könnte damit die Situation entstehen, dass drei der fünf Aufsichtsräte der Denic sich für befangen erklären, wenn es darum geht, ob die Denic in ein Bewerberverfahren für Registry Backend Services einsteigt. Keller sagte, da weder er noch sein EPAG-Kollege Ämter bei den Registryanbietern hätten, rechne er mit einer solchen Situation jedoch nicht.

Eine Warnung wollte die abgewählte Aufsichtsrätin Angela Wilson den Denic-Kollegen mit auf den Weg geben. Die Wahl von Vertretern der großen Marktführer könnte "der Selbstbedienung Tür und Tor öffnen". Für die großen Massenhoster ist der Registrypreis der einzelnen de-Domain entscheidender als für die kleineren, so das Kalkül. Daher könnten sie an großen Rückzahlungen der Genossenschaft besonders interessiert sein. Der stets gut gehütete Preis für die einzelne Denic-Registrierung, auf deren Grundlage die Mitglieder ihre Geschäftsmodelle und Endkundenpreise aufbauen, wird in Absprache zwischen Aufsichtsrat und Vorstand fest gelegt.

Loxen und Keller widersprechen dem Vorwurf. Erstens sehen sie im Aufsichtsrat eine "gute Mischung" von Vertretern kleiner, mittlerer und großer Unternehmen. Solange das Prinzip ein Unternehmen – eine Stimme gewahrt bleibe, blieben die Mitglieder Herr im Ring und könnten über die Stränge schlagende Aufsichtsräte schnell wieder abwählen.

Loxen sagte auch, Ziel der Denic bleibe es, ".de-Domains mit einem optimalen Preis-Leistungsverhältnis unter die Leute zu bringen" und dabei das Denic-Genossenschaftsmodell zu erhalten. "Es ist ein hohes Gut, dass wir die Domainregistrierung in der Selbstverwaltung haben", so Loxen. Man könne damit aber nur Erfolg haben, solange man auch gut arbeite. Auf die nächsten Schritte des Aufsichtsrats darf man nach dieser Ansage gespannt sein.

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(Monika Ermert) / (vbr)