Die Kongresswahlen und ihr Einfluss auf die IT-Wirtschaft

Im US-amerikanischen Senat wechseln in einigen für die IT-Wirtschaft wichtigen Ausschüssen die Vorsitzenden.

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Nach den Parlamentswahlen vom Dienstag haben die Republikaner nun auch die Mehrheit im Senat erobert -- damit besitzt die Partei von Präsident George W. Bush die Mehrheit in beiden Häusern des US-amerikanischen Kongresses. Der IT-Industrie kann das nur recht sein, denn nach Ansicht des Branchenverbands Information Technology Industry Council (ITIC) stehen die Parteifreunde von George W. Bush eher auf der Seite der IT-Firmen als die Demokraten.

Bei Abstimmungen im Senat hätten republikanische Abgeordnete im Oktober in 84 Prozent der Fälle so gestimmt, wie es sich die ITIC gewünscht hat, während nur 65 Prozent der Demokraten sich so verhalten hätten. Noch weiter klafft die Schere im Repräsentantenhaus: Dort zeigten republikanische Abgeordnete bei 89 Prozent Übereinstimmung mit den Anliegen der IT-Industrie, während nur 43 Prozent der Demokraten konform abstimmte.

Zu den Schlüsselabstimmungen im Senat, die für diese Auswertung herangezogen wurden, gehört der Online Privacy Protection Act des demokratischen Senator Fritz Hollings, der vom Handelsausschuss mit 15 zu 8 Stimmen angenommen wurde. Dem IT-Verband wäre aber laut Voting-Guide ein "no" lieber gewesen. Dem ITIC gehören unter anderem die Firmen Amazon.com, AOL Time Warner, Apple, Cisco, Dell, Hewlett-Packard, IBM, Intel, Microsoft, Motorola und Sun Microsystems an. Nach ihrer Ansicht schade Hollings Entwurf durch rigide Datenschutzrichtlinien dem E-Commerce, während ihm US-amerikanische Bürgerrechtler zustimmen. Sie sind spätestens seit den Anti-Terror-Maßnahmen in Folge des 11. September 2001 um den Datenschutz besorgt.

Hollings trat aber auch durch einen anderen Gesetzesentwurf in Erscheinung, in dem er rigide Kopierschutzmaßnahmen (Consumer Broadband and Digital Television Promotion Act, CBDTPA) fordert, und der auch bei der IT-Industrie auf Kritik stieß. In der kommenden Legislaturperiode, die im Januar beginnt, wird Fritz Hollings nicht mehr dem Handelsausschuss des US-amerikanischen Senats vorstehen. Als Nachfolger wird John McCain gehandelt, der Hollings unter anderem wegen dessen Staatsinterventionismus kritisierte. Mit McCain bekäme anscheinend ein der IT-Industrie genehmer Vertreter der Republikaner den Vorsitz im für sie wichtigen Handelsausschuss: Der Vorsitzende ruft zu Anhörungen, lädt Zeugen ein und setzt den Zeitpunkt für Gesetzesabstimmungen fest.

Entsprechend dieser Bedeutung eines Ausschussvorsitzenden wird es auch auf einem anderen Posten einen Wechsel geben. Der Demokrat Patrick Leahy saß bislang dem Justiz-Ausschuss vor. Er initiierte ein Gesetz gegen virtuelle Kinderpornografie, griff Microsoft als Monopolisten an und kritisierte den CBDTPA seines Kollegen Hollings. Mit seinem designierten Nachfolger, dem Republikaner Orrin Hatch aus Utah, muss aber laut US-amerikanischen Beobachtern kein Richtungswechsel eintreten, denn Hatch vertrat bislang ähnliche Standpunkte wie sein Vorgänger. Hatchs Bundesstaat ist Heimat einiger Microsoft-Rivalen. Insofern verwundert es auch nicht, dass er das Urteil von Richterin Kollar-Cotelly im Kartellverfahren gegen den Software-Riesen kritisierte. Zwar gilt der republikanische Senator als Anhänger des umstrittenen Coypright-Gesetzes Digital Millennium Copyright Act, doch ist er selbst als Liedertexter und Napster-Fan in Erscheinung getreten.

Auch durch den Wechsel des Vorsitzenden des Bank-Ausschusses erwarten die Beobachter keine Änderungen, denn der Nachfolger des Demokraten Paul Sarbanes, der Republikaner Richard Shelby, sei ein ebenso glühender Verfechter des Datenschutzes. Bislang regeln die einzelnen Bundessaaten Bestimmungen über den Datenverkehr bei Banken, doch dies wird sich im kommenden Jahr ändern. Deshalb gelten Finanztransaktionen als eines der wichtigsten Datenschutzthemen im Jahr 2003.

Die Haltung der US-Abgeordneten zur IT-Wirtschaft, so scheint es, hängt also nicht allein von ihrer Parteizugehörigkeit ab, sondern auch davon, wen sie vertreten. Zudem werdem die Mehrheitsverhältnisse im Senat nicht immer eindeutig sein. Die Republikaner haben nach dem derzeitigen Stand 51, die Demokraten 46 Senatssitze. Bei manchen Entscheidungen sind aber 60 Stimmen nötig. (anw)