Justizministerium fordert neue Verhandlungsrunde zu Urheberabgaben

Im Streit um die Rettung des digitalen Contents setzt die Regierung weiter auf eine gütliche Einigung über Vergütungspauschalen.

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Das Bundesjustizministerium drängt die Verwertungsgesellschaften und den IT-Branchenverband Bitkom zur Wiederaufnahme der Anfang März gescheiterten Verhandlungen über pauschale Urheberabgaben für PCs und andere digitale Geräte. Elmar Hucko, der fürs Urheberrecht zuständige Abteilungsleiter im Bundesjustizministerium sagte auf einer Diskussionsrunde zur Frage "Wer rettet den digitalen Content?" der Initiative media.net Berlin Brandenburg am Mittwochabend, "die einzige sinnvolle Lösung" in der entstehenden "Verbändedemokratie" sei, "wieder an den Tisch zu kommen". Dass der Bitkom sich allein wegen der auf drei Jahre festgelegten Übergangsfrist zu Lizenzmodellen mit individueller Abrechnung der Urheberentschädigungen gegen eine Einigung gesperrt habe, sei "eine Schande".

Dreh- und Angelpunkt der festgefahrenen Debatte, die nach dem Willen der Gema die Gerichte beschäftigen soll, sind Systeme zum Digital Rights Management (DRM). Mit ihnen wäre eine individuelle Lizenzierung möglich, doch technisch halten sie Experten noch nicht für ausgereift. Auf dem Berliner Podium bestätigte Matthias Kunze, einer der Gründer des mit dem Reverse Engineering der Windows Product Activation bekannt gewordenen Startups Fully Licensed, dass gerade "passive Inhalte wie Musik, Filme und Texte sich nur sehr schwer schützen und spätestens auf der Hardware-Ebene abgreifen lassen." Ein Bitkom-Vertreter forderte trotzdem einen "klaren Schnitt" im Abgabensystem beim Übergang von analogen zu digitalen Kopiergeräten. Sonst gebe es keine Anreize zum Einsatz von DRM und einzelne Nutzer müssten eventuell doppelt Vergütungen zahlen.

Hucko wehrt sich allerdings dagegen, die "schöne neue Welt" der technisch angeketteten Inhalte per Gesetz zu öffnen. Es sei ein Kurzschluss, die Vergütungspauschale einzustellen und damit die Privatkopierer zu kriminalisieren. Die vor allem als Ausgleich fürs private Vervielfältigen gedachten Abgaben könnten erst dann reduziert werden, wenn DRM flächendeckend verbreitet sei. Die Verwertungsgesellschaften würden mit dem umkämpften Gesetzesentwurf zur Urheberrechtsgesetznovelle verpflichtet, bei künftigen Tarifgestaltungen jährlich die Ausdehnung der Rechtskontrollsysteme zu berücksichtigen. Die Bitkom-Lösung laufe dagegen darauf hinaus, dass jeder Anbieter zum Verschlüsseln gezwungen werde. Doch schon im TV-Bereich wolle nicht jeder Sender zu einer Art Premiere werden, trotzdem aber nicht auf die Abgaben verzichten.

Generell erteilte Hucko der Hoffnung der Content-Industrien, der Gesetzgeber werde die digitalen Inhalte retten, eine Absage. Während der Veranstaltung hatten Vertreter von Universal Music sowie Walt Disney erneut über Milliarden Downloads von Musik- und Filmtiteln pro Tag durch die Tausch-begeisterte Netzgemeinde geklagt und wie üblich weitere Verschärfungen des Urheberrechts gefordert. Doch, so der Regierungsbeamte, "wir können dem Tanker nicht befehlen, nicht unterzugehen, und auch das technische Gestrüpp nicht lichten." Die geplante "lückenlose Verbots- und Strafnorm", mit der im neuen Urheberrecht technische Vorkehrungen der Anbieter geschützt werden sollen, sei nicht mehr als eine Hilfestellung. Dem Ansinnen der Lobbyisten, die gewerbliche Umgehung von Kopierschutztechniken mit mehr als der drohenden 50.000 Euro zu bestrafen, steht Hucko skeptisch gegenüber: Bei einer "kleinen Startup-Hacker-Firma" könne man nicht viel höher gehen. (Stefan Krempl) / (anw)