Wie leuchtende Tiere den Aufbau von OLEDs verändern könnten

Das Licht von Glühwürmchen, Quallen und Co. könnte OLEDs künftig nachhaltiger machen. Ein Team der HTW Dresden macht sich die Fähigkeit der Tiere zunutze.

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Die Fähigkeit von Lebewesen, selbst Licht zu erzeugen, könnte als Vorbild für eine umweltschonendere OLED-Variante sein.

(Bild: Midjourney, Bearbeitung von heise online)

Lesezeit: 7 Min.
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Wie kann ein Glühwürmchen ein OLED-Display zum Leuchten bringen? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Forschungsteam rund um Stefan Schramm, Professor für Angewandte Organische Chemie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. Sein Ziel: umweltschädliche Schwermetallverbindungen in Bildschirmen durch biologisch abbaubare Stoffe ersetzen. Zum Einsatz kommen sollen dabei Moleküle, mit denen leuchtende Tiere ihr Licht einschalten.

Das Problem: OLEDs (organic light-emitting diode) enthalten Schwermetallverbindungen, die hochgiftig für die Umwelt sein können, erklärt Schramm. Würden die technischen Geräte, in denen diese eingebaut sind – beispielsweise Smartphones – nicht korrekt recycelt, könnten schädliche Stoffe wie diese ausgewaschen werden und in die Umwelt geraten. Die Natur könne einige Stoffe nicht von selbst abbauen, erklärt Schramm. Stattdessen reicherten sie sich an. "In Asien haben Forschende bereits Moleküle, die mit OLEDs und LCDs in Verbindung gebracht werden, in Fischen und sogar in menschlicher Milch gefunden", sagt Schramm – darunter verschiedene Fluorene, Anthracene und Triazine. Hinzu komme, dass die Herstellung von Metallen wie Iridium oder Platin in der Herstellung viel CO₂ freisetze und viel Wasser benötigt werde, um sie aufzubereiten.

"Unser Ziel ist, sogenannte BiOLEMs, also 'Biologisch inspirierte Organische Licht Emittierende Moleküle' zu entwickeln", erklärt Schramm. Diese Moleküle orientieren sich an Systemen, die Tiere und Pflanzen nutzen, die selbst in der Lage sind, zu leuchten. Biolumineszente Lebewesen bräuchten dafür keinen externen Impuls, sondern leuchteten durch eine chemische Reaktion. "Das sind etwa Leuchtalgen, Glühwürmchen oder auch Quallen", erklärte der Chemiker.

Mehr als 3500 Spezies seien in der Lage, selbst Licht zu produzieren. Interessant dabei: Die Natur hat sich diese Raffinesse an verschiedenen Orten ausgedacht: "Das nennt sich konvergente Evolution", sagt Schramm. Heißt: Unterschiedliche Ausgangspunkte führen ohne Zusammenhang miteinander zum gleichen Ergebnis. Die Fähigkeit zur Biolumineszenz habe sich über 50 Mal unabhängig voneinander entwickelt. Doch wie hilft nun das Können von Glühwürmchen, Quallen oder Schnecken, um ein Display zum Leuchten zu bringen?

Der biolumineszente Pilz Panellus stipikus (Herber Zwergknäueling) in einem abgedunkelten Raum und bei Tageslicht. Er kann auch auf abgestorbenen Baumstümpfen in Deutschland gefunden werden.

(Bild: Stefan Schramm / Dieter Weiß)

Das Team um Schramm konzentriert sich vor allem auf Glühwürmchen. Der Vorteil: Über diese Leuchtkäfer gebe es schon einen größeren Wissensschatz. "Die Glühwürmchen waren eins der ersten Systeme, die in den 1950/1960er-Jahren untersucht wurden", sagt Schramm. Es gebe international zahlreiche Studien, die sich mit dem Leuchten von Molekülen in Glühwürmchen beschäftigten. Dadurch sei es bereits länger möglich, die Moleküle chemisch zu verändern, sodass sich beispielsweise die Farbe ändere und organische Anwendungen möglich seien. "Das hat es aber bisher leider nicht zur Marktanwendung geschafft", erklärt der Chemiker.

Für den Einsatz in OLED-Displays seien zusätzlich zu den chemischen Molekülen auch physikalische Aspekte wichtig. Für viele Anwendungen müssten sich die Moleküle verdampfen oder auf eine Oberfläche aufdrucken lassen. "Wir wollen in der Zukunft auch verstärkt mit Physikern und Ingenieuren zusammenarbeiten, um durch das gezielte Ausnutzen von verschiedenen quantenmechanischen Effekten organische Sensoren und organische Feldeffekttransistoren zu bauen", sagt Schramm. "Nur im Zusammenspiel mit vielen anderen Molekülen in der OLED werden wir am Ende eine Leuchtdiode bauen können, die effizient, langlebig und umweltverträglich leuchtet."

Löse in der Natur eine chemische Reaktion den Leuchteffekt aus, übernehme das im Fall der Displays elektrischer Strom. Der Vorgang nenne sich Elektrolumineszenz. Ob der ausbleibenden Reaktion zersetzten sich die Moleküle nicht, erklärt Schramm. "Die OLED braucht einen Stoff, der leuchtet", sagt der Chemiker. Das ist das lumineszente Molekül. Strom rege das Molekül an und versetze es in einen angeregten Zustand. "In dem Zustand hat es sehr viel Energie", erklärt Schramm. Um wieder in einen entspannten Grundzustand zu gelangen, muss das Molekül die überschüssige Energie abbauen. Das ist der Punkt, an dem es die Energie in Licht umwandelt. "Es kommt auf die Energiedifferenz zwischen dem angeregten und dem entspannten Grundzustand an", so der 33-Jährige.