c't wehrt "Lizenzerpressung" ab

Der Verlag Heise erwirkt eine einstweilige Verfügung gegen den Münchener Abmahn-Anwalt von Gravenreuth.

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Von
  • Christian Persson

Wegen einer angeblichen Markenverletzung wollte der Münchener Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth dem Computermagazin c't eine überteuerte Lizenzvereinbarung aufzwingen. Diesen Versuch hat der Verlag Heinz Heise heute mit einer einstweiligen Verfügung abgewehrt.

Der in der Computerbranche wegen unzähliger Abmahnfälle umstrittene Rechtsanwalt hatte damit gedroht, serienweise die gewerblichen Vertriebsstellen des c't-Magazins abzumahnen, sofern der Verlag nicht auf seine Forderungen eingehe. Das Angebot, deren Rechtmäßigkeit und die angemessene Höhe einer eventuellen Entschädigung gerichtlich feststellen zu lassen, lehnte er ab. c't wird von über 50.000 Einzelhändlern angeboten.

Das angedrohte Vorgehen hätte dem Verlag in völlig unverhältnismäßiger Weise wirtschaftlich geschadet. "Es handelte sich nach meiner Auffassung um den Versuch, uns in nicht legitimer Form die Pistole auf die Brust zu setzen", sagte Verleger Christian Heise. Der Verlag erwirkte daher sowohl gegen den Rechtsanwalt von Gravenreuth als auch gegen seinen Mandanten, die Ratinger Firma Symicron GmbH, eine einstweilige Verfügung, die es diesen untersagt, die Verkaufsstellen auf den angeblichen Markenverstoß hinzuweisen oder gar abzumahnen.

Hintergrund ist ein Markeneintrag für den Namen "Explorer", den das Ratinger Unternehmen im Jahre 1995 erlangt hat, obwohl diese Bezeichnung in der Computerbranche seit langem als beschreibender Begriff für Programme zur Datenvisualisierung geläufig ist. Das Wort "Explorer" ist Bestandteil der Namen unzähliger einschlägiger Programme, darunter insbesondere gratis verteilter Shareware und Freeware. Viele Betreiber von Webseiten, die zum Teil lediglich in einem Link auf die Möglichkeit zum Download eines der vielen Programme hingewiesen hatten, wurden deshalb durch von Gravenreuth im Namen seines Mandanten Symicron mit einer Abmahnwelle überzogen.

c't war betroffen, weil der aktuellen Ausgabe 14/00 eine CD-ROM beiliegt, auf der sich unter mehr als 350 Programmen auch die beiden Systemtools "HFVExplorer" und "Explore2fs" befinden. Die Heftausgabe kann nun ungestört im Handel bleiben. In vergleichbaren Fällen war es von Gravenreuth bereits gelungen, von anderen Verlagen hohe Lizenzgebühren zu kassieren, nachdem er mit einer massiven Beeinträchtigung des Vertriebs der Zeitschriften gedroht hatte.

Der Verlag Heinz Heise sieht die Programmbezeichnungen auf seiner CD-ROM nicht als Markenverletzung an, zumal bei einem Begriff mit derart schwacher Kennzeichnungskraft wie "Explorer" die Verwechslungsgefahr durch die Namenszusätze ausgeschlossen wird – wenn der Markeneintrag überhaupt Bestand hat. Verleger Christian Heise will die Sache nun auf jeden Fall vor Gericht klären lassen: "Solchen Machenschaften muss ein Riegel vorgeschoben werden." Er kündigte an, durch eine negative Feststellungsklage die Rechtmäßigkeit der Abmahnung überprüfen zu lassen und gleichzeitig die Löschung der Marke zu beantragen.

Zu dieser Meldung gibt es eine Gegendarstellung. (cp)