ICANN darf weiterregieren

Die zuständige Behörde im US-Handelsministerium hat angekündigt, dass das Mandat für die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers verlängert werden soll.

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Von
  • Monika Ermert

Die zuständige Behörde im US-Handelsministerium hat Ende vergangener Woche angekündigt, dass das Mandat für die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) verlängert werden soll. Früher als erwartet gab Nancy Victory von der National Telecommunication and Information Agency (NTIA) grünes Licht für die private Netzverwaltung, berichtet die Washington Post. ICANNs Vertrag mit den US-Behörden läuft am 30. September aus. Nähere Einzelheiten zur Laufzeit und der Frage nach der endgültigen "Unabhängigkeit" von den US-Behörden sind noch nicht bekannt.

ICANN-Kritiker wie der US-Jurist Michael Froomkin, Mitherausgeber von ICANN Watch, bezeichneten die Ankündung als wenig überraschend. Dabei hatten in den vergangenen Wochen verschiedene Seiten ICANN ein miserables Zeugnis für ihre Arbeit ausgestellt. Mehrere US-Senatoren hatten unter anderem davor gewarnt, dass ICANN sein Mandat überschreite und als Regulierer auftrete. Ähnlich hart gingen auch die Manager der in der Dachorganisation CENTR organisierten Top-Level-Domains (ccTLDs) und Exmonopolist VeriSign mit ICANN ins Gericht.

Die ccTLD-Gemeinde ist im Moment besonders schlecht auf ICANN zu sprechen. Wie vergangene Woche bekannt wurde, hat das mit grundlegenden Reformen beauftragte "Evolution and Reform Committee" handverlesene ccTLD-Manager in ein eigenes Gremium berufen. Die Ländermanager wollen in Zukunft mit einem eigenen für den Vorstand stimmberechtigten Gremium vertreten sein. Dass die ICANN-Spitze die Entwicklung der neuen Struktur nun offensichtlich an der Mehrheit der Ländermanager vorbei organisieren will, wird die ccTLD-Gemeinde kaum hinnehmen wollen.

Vor einem "globalen Regulator" in Gestalt der ICANN warnte denn auch in Deutschland DeNIC-Chefin, Sabine Dolderer. Dolderer sieht sich augenblicklich in einem erbitterten Machtkampf mit dem ICANN-Büro in Marina del Rey. Seit Juni werden der DeNIC die Eintragung neuer Nameserver und die Herausnahme des KPNQwest-Server aus der Root verweigert. ICANNs Verwalter verlangen, dass sie zuvor eine Kopie der gesamten de-Zone erhalten. Solange die Deutschen (wie auch die Österreicher und Griechen) die Daten über Domains und Domaininhaber nicht preisgeben, verweigert ICANN die Aktualisierung im autoritativen A-Root-Server.

Die eben eingerichteten neuen Name-Server für die .de-Zone stehen somit noch nicht im Rootzonefile. "Ein GAU wäre es aber vor allem," so Dolderer, "wenn der KPNQwest-Server von jemandem verändert würde. Dann würden DNS-Queries falsch beantwortet", sagt Dolderer zu den Konsequenzen. Sie schüttelt den Kopf darüber, dass ICANN unbedingt die .de-Daten haben will. "ICANN will sich als globaler Regulator aufspielen, dabei ist keine Branche in dieser Weise auf internationaler Ebene zentral reguliert." Umso erstaunlicher ist daher die Aussage von Nancy Victory von der National Telecommunication und Information Agency, dass das Mandat der ICANN möglicherweise erweitert werden müsse. (Monika Ermert) / (anw)