iX 5/2017
S. 102
Wissen
Prozessortechnik
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AMDs neue CPU-Architektur Zen

Viele Kerne

Mit seiner von Grund auf neu entwickelten Prozessorarchitektur Zen will AMD wieder vorne in der x86-Welt mitspielen und in den Servermarkt zurückkehren. Der erste Zen-Prozessor, Ryzen 7, zeigt, was die neue Architektur kann.

Wir befinden uns im Jahre 2017 n. Chr. Ganz x86ien ist von Intel besetzt … Ganz x86ien? Nein! Ein unbeugsamer Hersteller hört nicht auf, Intel Widerstand zu leisten. Aber das Leben war leicht für die Intel-Legionäre im Server-, Desktop- und Notebook-Lager: Bei Desktop-PCs und Notebooks konnten AMD-Prozessoren in den letzten Jahren nur noch im unteren Leistungssegment mitspielen, bei den x86-Servern ist Intel seit Jahren konkurrenzlos.

Die Gründe dafür liegen in AMDs 2011 eingeführter Bulldozer-Architektur. Die Prozessoren waren von Anfang an schwach in der Single-Thread-Performance. Gleitkomma- und SIMD-Berechnungen litten darunter, dass AMD lediglich eine Gleitkommaeinheit für zwei Integer-Rechenkerne spendiert hatte. Das Frontend konnte Instruktionen nicht schnell genug decodieren, um zwei Kerne zu füttern, und die Technik des Level-1-Cache war nicht zeitgemäß für moderne Mehrkernprozessoren.

Mit der komplett neu entwickelten Zen-Prozessorarchitektur soll jetzt alles besser werden. Zen-Prozessoren führen effizient zwei Threads pro physischem Prozessor aus (simultanes Multithreading SMT, Intel nennt das Hyperthreading) und sind für viele Kerne ausgelegt. Der Single-Thread-Durchsatz wurde gegenüber dem Vorgänger kräftig gesteigert: AMD verspricht für Zen-CPUs 50 Prozent mehr Instruktionen pro Takt als bei der letzten Bulldozer-Generation – bei gleichem Energieverbrauch pro Takt.

AMD hat verschiedene Prozessorkerne mit Zen-Architektur angekündigt. Summit-Ridge-Prozessoren sind reine CPUs für Desktop-PCs. Die Raven-Ridge-APUs enthalten CPU und Grafikprozessor; sie sollen in Desktop-PCs und Notebooks laufen. Die Serverprozessoren heißen Naples und Zeppelin. Die Zen-Offensive startet mit den Summit-Ridge-CPUs Ryzen 5 mit vier und sechs Kernen und Ryzen 7 mit acht Kernen.

Naples ist für das zweite Quartal 2017 angekündigt. Die Server-CPU zeichnet sich durch 32 Kerne und acht Speicherkanäle aus. Bei Vollausbau mit DDR4-2666-RAM ist theoretisch eine Speicherbandbreite von 170 GByte/s möglich. 128 PCIe-Lanes versprechen hohen I/O-Durchsatz. Dank acht Speicherkanälen pro Prozessor lässt sich ein Zwei-Prozessor-System mit 128-GByte-Modulen bis auf 4 TByte RAM ausbauen. AMD will in speicherlastigen Benchmarks mehr als die doppelte Performance gegenüber dem aktuellen Intel-Flaggschiff Xeon E5-2699A v4 mit 22 Kernen gemessen haben. Für Netzwerkgeräte und Storage-Controller sind Spezialprozessoren geplant, die neben den Zen-Kernen auch GPUs enthalten.

Ryzen: Die Sonne geht auf

Der Ryzen 7 1800X ist der derzeit leistungsfähigste Prozessor mit AMDs neuer Zen-Architektur (Abb. 1).

Als erster Prozessor mit Zen-Architektur ist die Summit-Ridge-CPU Ryzen 7 in den Varianten 1700, 1700X und 1800X für High-End-Desktop-PCs verfügbar. Der Achtkerner für die CPU-Fassung AM4 wird wie Intels aktuelle Kaby-Lake-Architektur (Core-i-Prozessoren der siebten Generation) in 14-nm-Technik gefertigt. Jeder der acht Kerne verfügt über 512 KByte Level-2-Cache. Jeweils vier Kerne und acht MByte L3-Cache bilden einen Core Complex (CCX). Die CCX sind untereinander über den HyperTransport-Nachfolger Infinity Fabric verbunden.

AM4-Boards verfügen über zwei Speicherkanäle und lassen sich mit bis zu vier DDR4-RAM-Modulen bestücken. Mit 16-GByte-Modulen ergibt sich wie bei Intels Kaby Lake für die LGA1151-Fassung ein Maximalausbau von 64 GByte RAM.

Summit Ridge ist als System-on-a-Chip konzipiert: 16 PCIe-3.0-Lanes für Grafikkarten, je vier weitere zur Anbindung einer NVMe-SSD im M.2-Format und des Chipsatzes sowie USB 3.0 und SATA 6G sind bereits in den Prozessor integriert. AMD bietet mehrere passende Chipsätze an: A320, B350 und X370 liefern weitere SATA-6G- und USB-3.0-Anschlüsse, außerdem PCIe 2.0, USB 2.0 und schnelles USB 3.1, das im Test mit einer schnellen SSD über 1 GByte/s übertrug. Für Mini-ITX-Boards sind die abgespeckten Chipsätze A300, B300 und X300 ohne eigene SATA-, USB- und PCIe-Ports gedacht. X370 und B350 erlauben das manuelle Übertakten der Prozessoren mit AMDs Windows-Tool Ryzen Master.

Tabelle
Tabelle: Ryzen 7: Technische Daten, Preis

Die drei Ryzen-7-Prozessoren, die AMD zu Preisen zwischen 360 und 560 Euro anbietet, unterscheiden sich lediglich in der Taktrate (siehe Tabelle „Technische Daten“). Alle drei beherrschen einen Boost-Modus: Arbeiten nur zwei der acht Kerne, steigt die Taktrate auf bis zu 4 GHz an. Über die Funktion Extended Frequency Range (XFR) kann der Takt in 25-MHz-Schritten um weitere 50 (Ryzen 7 1700) oder 100 MHz (1700X, 1800X) steigen, solange Temperatur und Leistungsaufnahme unter bestimmten Grenzwerten bleiben. Mit Erscheinen dieses Hefts sollen auch die günstigeren Vier- und Sechskerner der Ryzen-5-Serie zu Preisen ab etwa 190 Euro erhältlich sein.

Konkurrenzfähige Leistung

Ryzen 7: Leistung

Im Testlabor unserer Schwesterzeitschrift c’t musste der Ryzen 7 seine Leistungsfähigkeit gegenüber Intels stärksten Desktop-Prozessoren sowie seinem Vorgänger unter Beweis stellen (siehe Benchmark-Übersicht „Leistung“). AMDs neuer Achtkerner glänzt vor allem bei Aufgaben wie Rendering (Cinebench) und Videocodierung, die seine 16 Threads ausreizen: Hier liegt schon der Ryzen 1700X auf dem Niveau des Core i7-6900K, Intels derzeit schnellster 8-Kern-CPU für den Desktop-CPU, die mit 1100 Euro mehr als das Doppelte kostet. Der 1800X kann dank höherer Taktfrequenz noch ein paar Prozent drauflegen. In einigen anderen Benchmarks wie Komprimieren mit 7-Zip, Rendern mit Blender, BAPCo Sysmark und speziellen 3D-Benchmarks liefert der Ryzen 7 1800X in etwa die gleiche Leistung wie die Intel-Prozessoren oder liegt einige Prozent zurück.

Bei anspruchsvollen Spielen in hoher Auflösung reicht die Leistung des AMD-Prozessors locker aus, um auch die schnellsten Grafikkarten auszureizen. Reduziert man allerdings die Auflösung so sehr, dass die Performance nicht mehr durch die Grafikkarte, sondern durch den Prozessor limitiert wird, liefern Intels High-End-CPUs teilweise deutlich höhere Frameraten als der Ryzen 1800X. Das liegt möglicherweise daran, dass aktuelle Spiele auf die Intel-Architektur, aber noch nicht auf Zen optimiert sind; neue Spiele, die die Ryzen-Besonderheiten berücksichtigen, dürften besser abschneiden. Auch in einigen gleitkommalastigen Benchmarks bricht die neue AMD-CPU überraschend stark ein.

Gegenüber den Bristol-Ridge-Vorgängern A12-9800 und FX-8350 mit Bulldozer-Architektur spielt der Ryzen 7 sowohl bei der Multi- als auch bei der Single-Thread-Leistung in einer anderen Liga und schafft die versprochenen 50 Prozent mehr Instruktionen pro Takt. Mit der Single-Thread-Leistung des Core i7-7700K, Intels Topmodell mit Kaby-Lake-Architektur, kann der Ryzen 7 allerdings nicht mithalten – in Sachen Leistung pro Takt hat Intel die Nase immer noch vorne.

Bei der Leistungsaufnahme ist der Ryzen 7 deutlich bescheidener als Intels Achtkerner i7-6900K. AMDs sparsamster Achtkerner, Ryzen 7 1700, liegt unter Last gerade mal auf dem Niveau des Kaby-Lake-Vierkerners i7-7700K.

Die Zen-Architektur

Schematischer Aufbau eines Zen-Kerns (Abb. 2)

Zur guten Performance der Zen-CPUs trägt das simultane Multithreading bei, bei dem sich zwei Threads einen physischen Prozessorkern teilen: Im Cinebench R15 steigt die Leistung mit aktiviertem SMT um 40 Prozent.