iX 5/2017
S. 66
Review
Cloud
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Anbieterneutraler Marktplatz Digitalhub

Wolken im Angebot

Wer ein Cloud-Produkt kaufen will, muss lange suchen, um den richtigen Dienst zu finden. Mit Marktplätzen könnte das anders werden. Zur CeBIT präsentierte Axians IT Solutions eine neue Plattform, die Dienste aus der Cloud von diversen Providern offeriert.

Seit der CeBIT gibt es einen neuen Cloud-Marktplatz: Mit Digitalhub (siehe „Alle Links“ am Ende des Artikels) veröffentlichte Axians IT Solutions eine Verkaufs- und Reseller-Plattform, auf der Unternehmen Angebote rund um die Wolke finden können. Generell haben Marktplätze große Vorteile: Anwender finden potenziell alles an einem Platz und müssen nicht einzelne Hersteller abklappern. Anbieter wiederum halten sich dort auf, wo ihre Kunden sind, und erhalten so einen Vertriebskanal.

Digitalhub geht mit prominenten Anbietern an den Start. Ihre Cloud-Services sind überwiegend über REST- und SOAP-APIs an den Marktplatz angebunden (Abb. 1). Quelle: Axians

Als offener Marktplatz setzt Digitalhub auf ein breites Spektrum aus IaaS-, PaaS- und SaaS-Angeboten und kann gleich zu Beginn 100 Cloud-Services einer prominenten Anbieterschar vorweisen (siehe Abbildung 1). Zu den Teilnehmern der Plattform gehören Amazon Web Services (AWS), Microsoft Cloud Services (Azure und Office 365), IBM Cloud Services (Softlayer), ProfitBricks (IaaS), SAP, VMware, Citrix, netscope und Equinix.

Digitalhub setzt auf ein breites Anwendungsspektrum. Infrastruktur, Plattformen oder Software aus der Cloud fasst Axians als IT as a Service zusammen (Abb. 2). Quelle: Axians

Aber das Angebot ist breit gestreut und umfasst weitere Dienste, zum Beispiel Open-Source-Systeme wie WordPress, Magento und TYPO3. Auch ownCloud ist dabei, ebenso wie Dropbox und Produkte für Kollaboration oder Projektmanagement. Hinzu kommen eigene vorkonfigurierte Lösungen von Axians, unter anderem Graphics as a Service (GaaS) für Anwendungen aus dem CAD-/CAM-Umfeld. Zudem kann man über die Plattform Beratungsleistungen, Migrationsdienste und Workshops buchen. Da der Marktplatzbetreiber als Vertragspartner auftritt, erhalten Nutzer des Digitalhub eine einzige Rechnung über alle gebuchten Posten.

Integration der Anbieter über APIs

Noch befindet sich der Digitalhub im Stadium „Produktiver Pilot“, also zwischen Beta- und Produktivstadium. Man kann zwar schon kaufen, Axians optimiert allerdings noch das Einbinden der Angebote über Programmierschnittstellen, die die Cloud-Provider für den Datenaustausch zur Verfügung stellen. Als Ziel hat das Unternehmen sich einen vollautomatischen Austausch über die Schnittstellen vorgenommen.

Zurzeit müssen Axians-Programmierer noch einiges manuell anpassen, zum Beispiel bei Microsoft Azure, denn es kommen noch nicht alle notwendigen Daten über die API.

APIs stützen sich zum großen Teil auf REST (Representational State Transfer) und SOAP (Simple Object Access Protocol), aber es kommen auch XML, CSV und FTP zum Einsatz. Ausgetauscht werden über die APIs unter anderem anwenderbezogene Daten wie die Kunden-ID, Passwort, Vor- und Nachname, E-Mail und Firmen-ID. Einige Provider nutzen mehrere Schnittstellen: Zum Beispiel besitzt ProfitBricks eine Cloud-API für die technischen Parameter und eine Billing-API für saubere Rechnungslegung. Momentan arbeiten die Programmierer an der Abrechnung von Microsoft-Cloud-Leistungen nach dem Pay-as-you-go-Modell über die MS-Cloud-APIs.

Die Anbieter selbst müssen ihre Produkte nicht anpassen, sondern nur die APIs zur Verfügung stellen. Das ist ein Unterschied zu dem vor einem Jahr gescheiterten Vorstoß der Deutschen Börse, die ihren Marktplatz DBCE (Deutsche Börse Cloud Exchange) nach einem Jahr Laufzeit Anfang 2016 wieder eingestellt hatte. Kaufen konnte man dort Rechenleistung, Arbeitsspeicher und Storage. DBCE wollte Cloud-Leistungen als vergleichbare, handelbare und damit als austauschbare Einheit gestalten. Um an diesem Handelsplatz teilzunehmen, mussten die Anbieter ein aufwendiges „Onboarding“ absolvieren und ihre IT und Produkte anpassen. Diesen Prozess hatten am Ende nur fünf Provider durchlaufen, zudem gab es nur wenige Kunden. Gescheitert war man letztlich am berühmten „Henne-Ei-Problem“ – weder bei den Anbietern noch bei den Anwendern gab es genügend Resonanz [1].

Auch Axians IT Solutions hatte sich damals an DBCE beteiligt. Jetzt nennt Axians seinen Digitalhub nicht so gern „Marktplatz“, sondern lieber Verkaufs- und Reseller-Plattform oder IT as a Service. Mit Brokerage hat das Angebot ebenfalls nichts zu tun, zumal der Begriff „Cloud-Broker“ seit dem gescheiterten Versuch der Deutschen Börse „verbrannt“ ist, wie die Marktforscher von Experton in ihrem Cloud Vendor Benchmark 2016 ausführen [2]. Für Reseller gibt es übrigens einen Substore, der technisch an der Basisplattform hängt, aber komplett im Look-and-Feel des Resellers aufgebaut wird.

Überall-Zugang übers Dashboard

Axians IT Solutions sieht das herstellerübergreifende Automatisieren dieser Prozesse und den bidirektionalen Austausch zwischen Plattform und Cloud-Provider als eines der größten Alleinstellungsmerkmale des Marktplatzes. Bidirektional deshalb, weil sich Nutzer über Digitalhub bei den Providern einloggen können, ohne deren Webseiten separat aufrufen zu müssen.

Viele andere Betreiber würden hier laut Axians nur Kundendaten erfassen und danach zu einem manuellen Prozess übergehen. Von der Automatisierung verspricht sich das Unternehmen zudem, dass Produkte mehrerer Anbieter per Knopfdruck kombiniert bestellbar werden – zum Beispiel eine EMC-Pivotal-Entwicklerumgebung, gehostet auf AWS Elastic. Wenn der Provider keine API für einen automatisierten Datenaustausch anbietet oder zusätzliche Angaben erforderlich sind, werden diese via Webformular erfasst.

Administratoren können vom Dashboard des Digitalhub aus die kompletten Cloud-Services des Unternehmens überwachen und steuern. Dieser Überblick soll die Schatten-IT verhindern, die in vielen Unternehmen entstanden ist. Zudem kann man sich von dort aus bei den einzelnen Providern einloggen (Abb. 3). Quelle: Axians
Im Backend kann man sehen, was gerade im Unternehmen läuft – etwa die Virtual Machines (Abb. 4). Quelle: Axians

Auf mydigitalhub.de erhalten Unternehmen einen Überblick über den eigenen Cloud-Teppich. Von dort aus können Anwender ihre Cloud-Services überwachen und abrechnen. Dazu gehören sowohl die über den Digitalhub gebuchten Produkte als auch die anderen wolkigen Dienste der Public und Private Cloud, und zwar bidirektional. Digitalhub will ein zentraler Punkt sein, von dem aus die Anwender ihr eingesetztes Cloud-Portfolio managen können. Das soll die Schatten-IT einschränken oder sogar verhindern, die in vielen Unternehmen entstanden ist. Zur Ansteuerung der einzelnen Provider setzt Axians das Produkt „Cloud Lifecycle Management“ von BMC ein.

Wo sind meine Daten?

Wie immer im Cloud-Umfeld stellt sich die Frage nach der Sicherheit: Sind meine Informationen bei einem externen Anbieter gut aufgehoben, wo läuft der Dienst, wo liegen die Daten, wer kann alles auf sie zugreifen und wie vermeide ich ein Vendor-Lock-in?

Axians IT Solutions betreibt seinen Digitalhub nach eigenen Angaben in deutschen Rechenzentren auf eigener Infrastruktur nach ISO 27001. Auch die Rechenzentren der beteiligten Provider weisen diese Zertifizierung auf. Zusätzlich haben sich Microsoft und IBM verpflichtet, die ISO/IEC-27018-Norm einzuhalten, die das Verarbeiten personenbezogener Daten regelt.

Wo dann letztlich der gebuchte Cloud-Dienst betrieben wird und wo die Daten liegen, hängt vom Provider ab. Kauft man eine Dienstleistung von Axians selbst oder von ProfitBricks, so bleiben die Daten hierzulande. Wenn man etwa Azure bucht, geht es um die Verfügbarkeitszone. Dann verlassen die Daten gegebenenfalls das deutsche Rechtsgebiet. Microsoft nutzt mittlerweile zwar auch hiesige Rechenzentren für Azure und Office 365, aber die Schnittstelle sei zurzeit noch nicht fertig, heißt es bei Axians. Das gefürchtete Vendor-Lock-in will Axians durch Migrationsdienste auffangen.

Fazit

Digitalhub will zu einem zentralen Anlaufpunkt für Cloud-Services im Unternehmen werden. Die Marktforscher von Experton ordnen Digitalhub der Kategorie „Hybrid Cloud-Broker“ zu und bezeichnen die Plattform dort als „Rising Star“. Generell sehen sie für diese Rubrik einen Trend hin zu einem breiten Anwendungsspektrum in Richtung XaaS, da die unterschiedlichen IaaS-, SaaS- oder PaaS-fokussierten Marktplätze ihr Portfolio einander angleichen. Das trifft bei Digitalhub auch zu. Die Lösungen sind aber noch nicht ausgereift, sodass der Markt für Cloud-Plattformen zugleich boomt und sich konsolidiert: Marktplätze wie DBCE sterben, andere wie Digitalhub erscheinen neu. Erfolge fehlen laut Experton hierzulande noch, da lokale Kunden bisher meist keine echte Multi-Cloud-Strategie verfolgen und daher keinen Bedarf an einer Broker-Lösung sehen. Der Echtbetrieb ist für Juni 2017 geplant. (jab)