iX 6/2017
S. 72
Report
Messaging
Aufmacherbild

WhatsApp in der Kundenkommunikation

Geldbote

Immer mehr Unternehmen nutzen WhatsApp als Kommunikations- und Servicekanal. Der Einsatz von Dienstleistern und Tools kann den Arbeitsaufwand reduzieren, ersetzt aber nicht eine kluge Strategie.

Fotografieren Sie ein beliebiges Rezept und schicken Sie das Bild via WhatsApp an die Nummer 0157 92362967. Nach einigen Minuten Wartezeit erhalten Sie einen Link zu einem Warenkorb als Antwort. Der ist mit den nötigen Zutaten gefüllt und kann direkt bei AllYouNeed Fresh bestellt werden.

Willkommen bei WhatsApp im Business-Alltag. AllYouNeed Fresh tut es, Outfittery tut es und auch Sky. Sie alle nutzen den Messenger als professionellen Kanal zum Kunden. Bis vor einem halben Jahr noch war das ein etwas heikles Unterfangen, da WhatsApp in den AGB die kommerzielle Nutzung ausschloss. Das hat sich geändert (siehe Kasten S. 73). Es gilt grundsätzlich: Startet der Nutzer die Kommunikation und hat er jederzeit die Möglichkeit, diese zu beenden, dann gilt das als legitime Kontaktaufnahme und nicht als Spam.

Im Moment hat es den Anschein, als wäre die Zurückhaltung gegenüber Unternehmen seitens der Facebook-Tochter vor allem ein taktischer Vorbehalt. Zum einen möchte das soziale Netzwerk gerne den hauseigenen Facebook Messenger als das Profi-Tool etablieren, muss sich aber der Tatsache stellen, dass zum Beispiel die Nutzungsfrequenzen von WhatsApp in Deutschland viel besser sind, trotz theoretisch geringerer Reichweite.

Zum anderen befindet sich das noch junge WhatsApp in einer Evaluierungsphase. Wie viel professionelle Nutzung verträgt der Nutzer und wie lässt sich diese monetarisieren? Offensichtlich unproblematisch sind derzeit redaktionelle Angebote. So übermittelt der Pay-TV-Sender Sky zweimal täglich Nachrichtenblöcke aus der Welt des Sports, heise online liefert einmal pro Tag die Top-News (siehe „Alle Links“).

Auch die direkte persönliche Beratung mit WhatsApp ist ein geduldetes Szenario. Das Angebot von AllYouNeed Fresh kann man so verstehen, die persönliche Stilberatung von Outfittery ebenso.

Nichts für den Praktikanten

Bevor nun dem Praktikanten ein Smartphone in die Hand gedrückt und die Nummer im Netz verbreitet wird, gilt es, eine Reihe strategischer Überlegungen anzustellen.

Welcher Teil der Kommunikation mit Endkunden lässt sich sinnvoll in dem spartanischen Dialog-Interface abbilden? Hat mein Unternehmen die nötige Reaktionsgeschwindigkeit, um den Erwartungen der Nutzer gerecht zu werden? Ein Hamburger Hotel etwa macht die Rezeption per Facebook Messenger erreichbar. Ist es dort voll, dauert die Reaktion schon mal 15 Minuten. Das ist zu lange.

Zudem stellt sich die Frage, was unter Datenschutzgesichtspunkten zu beachten ist. Alle Opt-ins müssen transparent verwaltet werden und der Nutzer muss der Nutzung seiner Mobilfunknummer widersprechen können. Sie gilt als personenbezogenes Datum und unterliegt besonderem Schutz.

Und letztlich ist zu klären, wie das Unternehmen mit „artfremdem“ Feedback umgeht. Medienhäuser sehen den Newsletter-Versand in der Regel nicht als Dialogkanal. Kommt doch eine Frage auf, bietet sich ein Autoresponder an, der auf die Einweg-Kommunikation hinweist und zum Beispiel auf die vom Social-Media-Team betreute Facebook-Seite des Unternehmens verlinkt. Für den Fall, dass eine Serviceanfrage auf dem Kanal eintrudelt, sollte es einen Automatismus im Hintergrund geben, der die Nachricht zum Servicedesk weiterleitet.

Integration in CRM-Systeme

Statistische Auswertungen über die WhatsApp-Interaktion gehören zum Leistungsumfang von WhatsBroadcast (Abb. 1).
Die Gruppenverwaltung von Whappodo eignet sich zum Beispiel, um Themengruppen oder regionale Gruppen zu bündeln (Abb. 2).

Viele dieser Aufgaben erledigen professionelle Services. WhatsBroadcast und Whappodo heißen die Platzhirsche. Die meisten Unternehmen, die WhatsApp in größerem Umfang einsetzen, nutzen eines dieser SaaS-Produkte. Beide verwalten Opt-ins und Telefonnummern in Listen. Nachrichten können an ganze Listen oder an definierte Untergruppen verschickt werden. Da WhatsApp im Broadcast-Modus nur Gruppengrößen von 256 Nutzern vorsieht, verwenden die Dienstleister einen zeitlich gestaffelten Versand und streuen die News über mehrere Anmelde-Telefonnummern (SIM-Karten), um von WhatsApp nicht als Spammer eingeordnet zu werden.

Beide Tools haben Schnittstellen zu CRM-Systemen. So lassen sich aus der Kontaktliste auch gezielt bestimmte Nutzer mit Targeting-Merkmalen heraussuchen und ansprechen.

Bei Whappodo nutzt der Marketer dazu zum Beispiel die Kunden-IDs. Die Mobilfunknummern der Nutzer sieht er aus Datenschutzgründen nicht. Das in Frankfurt ansässige System anonymisiert die Daten.

WhatsBroadcast arbeitet in einem solchen Fall nur als Auftragsdatenverarbeiter. Das jeweilige Unternehmen muss selbst für den Datenschutz sorgen und sich das entsprechende Opt-in für die Zusammenführung von Handynummer und CRM-Daten einholen. „Wir haben mit T-Systems gerade einen Ansatz realisiert, wo ein Salesforce-CRM für Autowerkstätten an unseren Kanal angeschlossen ist. So kann beispielsweise der Reparaturkunde über WhatsApp informiert werden, wie der Status seines Autos ist, und kann auf diesem Weg auch direkt mit der Werkstatt kommunizieren“, erklärt WhatsBroadcast-Geschäftsführer Franz Buchenberger.

Die Nachrichten erstellt man in der Regel im eigenen CMS oder in Word. Eine API-Anbindung ist möglich, wird aber bislang nur von wenigen Kunden genutzt. Die meisten kopieren die Texte in das System, versehen sie mit Emojis und Bildern und versenden sie dann.

Beide Anbieter speichern die Dialoge und können sie an das CRM zurückspielen. So sieht der nächste Servicemitarbeiter, was bereits auf diesem Kanal kommuniziert wurde. Die CRM-Anbindung ist allerdings eine kostenpflichtige Zusatzleistung oder gehört zu den hochwertigeren Paketen.

Aber es gibt auch jede Menge innovativer Ansätze, bei denen die Nutzung der Messenger über den klassischen Service und Broadcasting hinausgeht. Hier kommen Bots ins Spiel. „Die Radiosender sind da eigentlich ziemlich innovativ“, erklärt Patrick Köcher, einer der Gründer von Whappodo. „Das Vorgehen ist zwar immer gleich, aber die haben gute Ideen. Man kann zum Beispiel seine Stromrechnung an den Sender schicken und der übernimmt die dann. Oder die Radiohörer schicken Blitzermeldungen an den Radiosender und der meldet das dann über das Radio an alle Hörer. Umgekehrt geht das natürlich auch, das ist dann ein Mini-Bot. Man textet das Wort ,Blitzer‘ an den Sender und bekommt die aktuelle Liste zurück. Playlists kann man genauso verschicken, oder Veranstaltungstipps mit Standortbezug. Da ist das Thema Bots echt spannend.“