Mercedes E 300e Plug-in-Hybrid im Test: Der teure Gleiter

Seite 2: Aufladung, Extras, Preise

Inhaltsverzeichnis

Den Testwagen nahm mein Kollege Florian entgegen. Ich schickte ihn vor der Weiterreichung an mich zu einer Schnellladesäule, in der festen Überzeugung, Mercedes würde die teure E-Klasse gewiss nicht ohne CCS-Option zu den Kunden lassen, wo sie doch in den Ablegern der A-Klasse optional zu haben ist. Weit gefehlt. Eine Aufladung mit Gleichstrom ist im E 300e nicht vorgesehen. Bei 7,4 kW an Wechselstrom ist das Maximum erreicht. Anders als BMW legt Mercedes das Ladegerät zweiphasig aus, die 7,4 kW lassen sich also auch in Deutschland problemlos an einer heimischen Wallbox nutzen.

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In der aktuellen Preisliste (Stand 19. Januar 2021) wird ein optionales Ladekabel wie folgt angepriesen: "Dieses Ladekabel, auch Mode 3 Kabel genannt, ermöglicht Ihnen das Aufladen der Fahrzeugbatterie an der Wallbox oder an öffentlichen Ladestationen mit bis zu 11 kW." Das mag für das Kabel an sich gelten, nicht aber für den Speicher im E 300e.

Mit der Umstellung auf die neue Hybrid-Generation hat Mercedes 2018 die Batterie von 6,4 auf 13,5 kWh vergrößert. Mit der Verdopplung des Energiegehaltes wurde auch die Zellchemie verändert. Im seit 2016 angebotenen E 350e waren Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen (LiFePo) eingebaut, nun ist es Lithium-Nickel-Mangan-Cobalt. Kofferraum und Tank fallen spürbar kleiner aus als in den Modellen mit alleinigem Verbrenner. 50 Liter fasst der serienmäßige Spritbehälter, mehr gibt es für den E 300e auch gegen Aufpreis nicht. Der Kofferraum fasst nur 370 Liter, im Verbrenner sind es 540 Liter.

Mit der Überarbeitung im vergangenen Jahr hat Mercedes nicht nur die Halogenscheinwerfer endlich entsorgt, sondern auch das bisherige Infotainmentsystem. In der E-Klasse ist nun für reichlich zusätzliches Geld das lieferbar, was in der A-Klasse seit 2018 geboten wird. Ja, die große Ausbaustufe von MBUX ist verdammt teuer, sie ist aber auch verdammt gut: Eine gestochen scharfe Darstellung, geringe Latenzen bei der Bedienung, ein gewaltiger Funktionsumfang.

Mercedes E 300e Innenraum (18 Bilder)

Im Innenraum hat sich mit der Modellpflege weniger getan als an Front und Heck - zumindest auf den ersten Blick.
(Bild: Florian Pillau)

Letzterem nähert man sich am einfachsten über die Sprachbedienung, die hier hervorragend ist. In dieser Güte ist das wirklich noch selten. Und der Fahrer sollte sich darauf wirklich einlassen, denn am Bildschirm beispielsweise die Massage aktivieren zu wollen, ist ein gewagtes Manöver, was mächtig ablenkt. Der Befehl "Hey Mercedes, Massage Fahrersitz an" führt ungleich schneller zum Ziel.

Doch nicht alles in diesem Bereich ist so gut gelöst. Die Bedienung des Kombiinstrumentes über die Touchflächen sieht vielleicht modern aus, erweist sich im täglichen Umgang aber als fummelig. Mal reagiert die Fläche nicht wie gewünscht, mal wischt man über den anvisierten Punkt hinweg. Christian gab zu Protokoll: "Gegen die Zuverlässigkeit der Rückmeldung dieser Tasten erscheint Lottospielen wie eine konservative Geldanlage." Das ist vielleicht ein wenig überspitzt, doch irgendwie nerven die reaktionsarmen Tasten nachhaltig, besonders, weil es früher besser gelöst war. In meiner betagten C-Klasse gibt es mechanische Tasten im Lenkrad, die stets verlässlich genau das tun, was man ihnen aufträgt. Das mag weniger elegant und modern ausschauen, funktional ist das aber ungleich besser.

Der Kunde hat bei der Bedienung des Infotainmentsystems die Wahl zwischen den Touchscreen an sich, der bisherigen Kombination aus Drehrad und Touchpad oder nur einer – dann etwas größeren – Touchfläche. Im Testwagen war Drehrad plus Touchpad verbaut. Was besser ist, ist vermutlich eine Geschmackssache. Leider gibt es keine frei belegbaren Favoritentasten, die allen, die sich auf die Sprachbedienung nicht einlassen wollen, den täglichen Umgang sehr erleichtern würden.

Im Testwagen war die serienmäßige Lautsprecherbestückung eingebaut, die ich nur Menschen empfehle, die vorwiegend Podcasts genießen. Mercedes bietet in der Limousine zwei Ausbaustufen von Burmester an. Die kleine Lösung kostet 1012 Euro und klingt schon sehr ordentlich, die große wird mit 5831 Euro in Rechnung gestellt. Sie spielt klanglich auf einem Level, das die meisten Menschen nicht einmal im heimischen Wohnzimmer haben. Natürlich kenne ich nicht alle Soundsysteme in dieser Klasse, aber etwas wesentlich besseres habe ich im Auto noch nicht gehört.

Ein nackter E 300e kostet 57.233 Euro, der Konfigurator spuckte für den dort nachgebauten und mit fast allem, was die Preisliste hergibt, ausgestatteten Testwagen gut 93.000 Euro aus. Eine solche Extra-Fülle wird sich vermutlich kaum jemand gönnen, doch die 70.000-Euro-Marke ist rasch geknackt. Mit Ledersitzen, etwas Holz, Business-Paket, dem kleinen Soundsystem, Matrix-Licht und Metalliclack sind schon knapp 11.000 Euro angekreuzt, ohne dass die E-Klasse nun feudal ausgekleidet wäre. Mercedes war in dieser Hinsicht noch nie zimperlich und baut – vermutlich zurecht – darauf, dass Käufer in dieser Preisklasse nicht wegen ein paar Tausend Euro auf die Barrikaden gehen.

Einige Dinge, die der Testwagen mitbrachte, entziehen sich ohnehin einer rationalen Überlegung. Der matte Lack kostet 3300 Euro, vermutlich wird da auch manch solventer Kunde zurückzucken. Der fantastisch verarbeitete Innenhimmel aus schwarzer Mikrofaser wertet den Innenraum fraglos auf, kostet aber auch 1900 Euro. Die Metall-Zierleisten auf dem Armaturenbrett kosten immerhin 500 Euro. Aus leidvoller Erfahrung kann ich jedem Interessenten nur wärmstens empfehlen, den schwarz-glänzenden Kunststoff in der Mittelkonsole bei der Bestellung zu vermeiden. Er verkratzt enorm schnell.

LED-Scheinwerfer sind nun serienmäßig, die Erweiterung auf Matrix-Licht kostet stolze 1500 Euro. Auf dunklen Landstraßen sind sie ein enormer Sicherheitsgewinn, auch wenn man sich weiteren Fortschritt problemlos vorstellen kann. Verkehrsschilder werden ziemlich grell angestrahlt. Das teure Laserlicht im BMW 5er löst das etwas besser, die Scheinwerfer "Digital Light" in der S-Klasse werden das vermutlich auch geschickter anpacken als die Multibeam-Lampen in der E-Klasse.

Der Abstandstempomat ist über die Touchflächen nicht optimal zu bedienen, funktioniert aber tadellos. Auch die mit ihm verknüpfte Verkehrsschilderkennung gehört zu den besseren auf dem Markt. Tempolimits werden auf Wunsch automatisch übernommen, und zwar mit einer ziemlich hohen Treffsicherheit.

In einem Paket stecken beheizbare Armauflagen in Tür und zwischen den Sitzen – lachen Sie nicht, aber solche Feinheiten mögen manchen darin bestärken, sich in einer E-Klasse umschmeichelt zu fühlen. Empfehlen würde ich auch das Akustik-Komfort-Paket für knapp 1200 Euro. Erstens kommt es bei dem Preis einer E-Klasse auf diese Summe nun auch nicht mehr an, zweitens ist schließlich kaum etwas so gut, dass es nicht noch etwas besser ginge. Und das gilt selbst für die Dämmung in dieser Limousine.

Mercedes hat die Überführungskosten übernommen, die Redaktion jene für Fahrenergie.