Test Dacia Sandero Stepway 90 TCe: No Nonsense

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Neu beim Sandero ist eine elektrisch gesteuerte Servolenkung. Die Abstimmung ist nicht gerade sportlich. Manchmal wünscht man sich mehr Rückmeldung von der Straße. Aber der Sandero Stepway ist ohnehin nicht gerade ein Serpentinenräuber. Der Geradeauslauf ist gut, die komfortable Abstimmung nachvollziehbar. Sie passt zur Federungsabstimmung. Seekrank wird man trotzdem nicht, wenn man den Sandero Stepway eiliger um Kurven wirft.

Eine große Überraschung ist der Fußraum im Fond. Hier sitzen Erwachsene mit einer Beinfreiheit, die auch in der gehobenen Mittelklasse nicht selbstverständlich ist. Zudem bietet die Rückbank genug Beinauflage. Auch kürzere Fahrten mit drei Fondpassagieren sind kein Problem. Im Fond eines BMW X3 (Test) sitzt man nicht besser. Weniger einladend als der Fond fällt hingegen das Gepäckabteil des Dacia Sandero aus.

Die Ladekante ist sehr hoch und die Verarbeitung in diesem Bereich nicht sehr liebevoll. Bei umgeklappten Rücksitzlehnen bleibt eine deutliche Stufe im Laderaum. Einen verstellbaren Kofferraumboden gibt es für diese Variante nicht. Er ist nur gegen Aufpreis beim Automatikmodell mit "Comfort"-Ausstattung erhältlich. Ein freistehender Metallwinkel ragt in umgeklapptem Zustand zudem zwischen den beiden asymmetrischen Teilen der Rücksitzlehne heraus. Hier kann Ladegut hässliche Schäden erleiden.

Die konsequente aber polarisierende Philosophie von Dacia wird bei den Assistenzsystemen offenbar. Denn die einen halten sie für unzeitgemäß lückenhaft und sehen die Sicherheit in Gefahr, die anderen klatschen erleichtert Beifall und können ein schlechtes Abschneiden im Euro-NCAP-Crashtest richtig einordnen. Einen Spurhalte-Assistenten gibt es zum Beispiel nicht. Eine tolle Sache, wie ich finde, denn wenn er da ist, muss ich ihn nur genervt ausschalten. Der Florian gibt auch irgendwann auf. In der Kompaktklasse funktioniert er nämlich so gut wie nie richtig gut.

Sandero Stepway innen (14 Bilder)

Innen empfängt der Sandero Stepway Essential mit einem Null-Bullshit-Cockpit aus offensichtlichem Kunststoff. Im Bild mit zwei Sonderausstattungen: Media Display (350 Euro) und manuelle Klimaanlage (800 Euro, Stand Juni 2021). Alles andere ist serienmäßig. (Bild: alle Florian Pillau, außer anders angegeben)

Aber auch ein gut funktionierender Spurassistent ist für mich nur ein Ärgernis, da er mich bestenfalls beim Fahren stört. Totwinkel-Warner, akustische Einparkhilfen oder gar eine Rückfahrkamera sind nur als aufpreispflichtige Optionen im Comfort-Modell mit Automatik erhältlich. Neu im Dacia und sehr sinnvoll ist der serienmäßige Notbremsassistent. Ein Ersatzrad kostet 150 Euro Aufpreis. Dafür kommt grundsätzlich ein 15-Zoll-Rad auf Stahlfelge. Da unser Testwagen serienmäßig auf 16-Zöllern steht, fungiert es hier als Notrad mit einer maximal erlaubten Geschwindigkeit von 80 km/h.

Da erscheinen andere Sonderausstattungen wichtiger. Die manuelle Klimaanlage für 800 Euro ist heutzutage obligatorisch. Serienmäßig ist der Sandero mit DAB+-Radio und einem praktischen integrierten Handyhalter ausgestattet. Jedes Mobiltelefon lässt sich dort auch im ständigen Wechsel problemlos und sicher einsetzen. Die USB-Buchse ist ideal platziert. Der Handyhalter in meinem VW e-Up (Test) wirkt im Vergleich so, als wäre der VW das rumänische Billigauto und Dacia ein süddeutscher Premium-Hersteller. Die Breiteneinstellung traut man sich beim VW höchstens einmal. Ich habe bei der Übergabe einen VW-Mitarbeiter gebeten, weil ich fürchtete, sie abzubrechen. Wer öfter das Telefon wechselt, wird hier unglücklich. Die USB-Buchse muss im Up blind auf dem Armaturenträger ertastet werden. Viele Up-Fahrer kaufen sich aus diesem Grund ein zweites Kabel, um es nie wieder aus dem Up entfernen zu müssen.

Ein Sandero-Fahrer kann also über die Handy-Integration in einem Up grundsätzlich herzlich lachen. Man kann sich die 350 Euro Aufpreis für das optionale Media-Display mit 8-Zoll-Touchscreen also sparen. Im Testwagen war es verbaut. Apple CarPlay und Android Auto sind zwar schon eine schöne Sache und der Handyhalter funktioniert hier noch problemloser. Insgesamt wertet der Touchscreen das Armaturenbrett deutlich auf. Ich würde das Geld investieren, ein Muss ist es aber nicht.

Unser Test-Sandero Stepway kommt mit der empfehlenswerten Ausstattung mit manueller Klimaanlage, Media-Display und Metallic-Lackierung auf 13.790 Euro (Stand: Juni 2021). Das macht den Stepway TCe100 ECO-G in der Ausstattungslinie "Comfort" interessanter, der mit besserer Ausstattung und Gasumbau nur 450 Euro mehr kostet, also in der hier gezeigten Metallic-Lackierung bei 14.240 Euro liegt. Am besten fährt, wer auf das SUV-Gedöns ganz verzichten kann und sich für einen "normalen" Sandero in Comfort-Ausstattung entscheidet. Der kommt mit Klimaanlage, Media-Display und einigem mehr für 11.890 Euro. Es gibt ihn wahlweise ohne Aufpreis als TCe90 oder TCe100 ECO-G (bivalenter Flüssiggasantrieb) mit Schaltgetriebe. Wie ein Blick auf die einschlägigen Verkaufsportale bestätigt, sind große Rabatte auf diese Preise nicht mehr zu erzielen. Dafür erhält man aber auch ein erstaunlich erwachsenes Auto, mit dem man nur wenige Kompromisse eingehen muss.

Allerdings sind Dacia-Fahrzeuge bislang regelmäßig die Schlusslichter im TÜV-Mängelreport. Da taucht der aktuelle Sandero zwar noch nicht auf. Es ist auch davon auszugehen, dass die aktuelle Generation in der Langzeitqualität einen Sprung gemacht hat. Trotzdem erscheint es nicht unvernünftig, über Alternativen zu diesem Budget nachzudenken. Für 13.000 Euro ist es keine Kunst, einen höchstens einjährigen Hyundai i30 mit 99 PS starkem Vierzylinder-Motor, kompletter Ausstattung und weniger als 30.000[ ]km Laufleistung zu finden. Sogar einen Kombi bekommt man für dieses Geld. Und der hat dann immer noch drei Jahre Garantie, weil Hyundai fünf Jahre Garantie gibt.

Weil der Hyundai auch über die Garantiezeit hinaus zu den besonders langlebigen Fahrzeugen zählt, spricht viel dafür, dass er als Jahreswagen oder junger Gebrauchter den Dacia als Preis-Wert-Champion vom Thron stoßen und der noch bessere Kauf sein kann. Insbesondere ein Toyota Yaris Hybrid (Test) mit seinem ebenso sparsamen wie genialen und problemlosen Antrieb ist eine deutlich modernere und klimaschonendere Alternative. Ein Skoda Fabia Combi, den man mit vergleichbarem 95-PS-Dreizylinder vereinzelt sogar als Reimport für einen vergleichbaren Preis bekommt, fühlt sich ausgereifter an als der Dacia.

Der neue Sandero wird aber trotzdem viele preisbewusste Käufer überzeugen. Mit seiner No-Nonsense-Attitüde und im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbessertem Paket ist der Dacia nach wie vor eine gute Wahl für Preisbewusste. Es gibt zwar viele Autos, die deutlich besser sind. Aber Neuwagen mit einem besseren Preis-Wert-Verhältnis wird man kaum finden. Vielleicht entscheiden Sie sich aber auch für ihn, weil Sie ihn einfach mögen.

Wer jedoch sein Fahrzeug aus Kostengründen mit Flüssiggas betreiben will, kommt am Dacia kaum vorbei. Sämtliche Turbo-Sanderos werden ohne Aufpreis mit einem komfortablem Flüssiggas-Zusatztank ausgerüstet. Die Leistung steigt dann auf 74 kW (101 PS) und die kombinierte Reichweite auf über 1300 km. Das Flüssiggasmodell ist zu diesem Preis ein Alleinstellungsmerkmal für Dacia.

Ich bin den Sandero Stepway gerne gefahren, empfand ihn als rundes No-Nonsense-Auto für alle Fälle. Auf viele der Kritikpunkte, die ich oben beschreiben musste, hat mich eher Martin gestoßen als mein eigenes Empfinden. Wer ein rein pragmatisches Verhältnis zum Auto hat und einen vernünftigen Kompakten oder Kleinwagen sucht, sollte sich den aktuellen Sandero auf alle Fälle ansehen. Wenn Sie auf die SUV-artige Stepway-Ausstattung verzichten können, empfehlen wir den Sandero Comfort als Flüssiggasmodell mit gehobener Ausstattung für unter 12.000 Euro. Ohnehin macht die aufpreisfreie Ausstattung mit Flüssiggastank den Dacia Sandero TCe für Gasfahrer perfekt.

Der Hersteller übernahm die Kosten für die Überführung, der Autor diejenigen für den Kraftstoff.