iX 12/2016
S. 118
Wissen
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Kurz erklärt: Steuergeräte mit AUTOSAR entwickeln

Fahrbereit

Mit dem Standard AUTOSAR versuchen Automobilhersteller und Zulieferer, die Entwicklung von Steuergerätesoftware in Fahrzeugen zu vereinheitlichen.

Autos sind zu fahrenden Computern geworden. Die Software ihrer Steuergeräte unter der Motorhaube muss immer mehr können: bremsen und lenken, die Temperatur regeln und den Airbag im richtigen Moment starten. Hier darf ein System nicht warten, bis es die letzten Updates installiert hat – wie im Office üblich –, sondern muss in Echtzeit reagieren. Hinzu kommt der umfassende Entwicklungsprozess, bestehend aus Automobilherstellern und einem mehrfach geschachtelten Zulieferernetz. Das hat das Erstellen von Software für Steuergeräte, auch Electronic Component Units (ECU) genannt, immer komplexer gemacht.

Software wiederverwenden

Also sind Standards gefragt, Methoden und eine Architektur, die diese Prozesse vereinfachen. Dieses Themas hat sich die weltweite Entwicklungspartnerschaft AUTOSAR (Automotive Open System Architecture) schon im Jahr 2003 angenommen. Zu den Gründungsmitgliedern gehören BMW, Bosch, Continental, DaimlerChrysler (heute Daimler), Siemens VDO und Volkswagen. Mittlerweile liest sich die Teilnehmerliste von Autosar.org wie ein „Who’s Who“ von Automobilherstellern, Zulieferern und weiteren Unternehmen der Elektronik-, Halbleiter- und Softwareindustrie.

AUTOSAR beschreibt eine Referenzarchitektur für Steuergerätesoftware und Schnittstellen sowie eine Entwicklungsmethode, die die beschriebene Komplexität in modernen Fahrzeugen beherrschen helfen. Wichtig ist dabei, dass AUTOSAR in diesem Zusammenwirken unterschiedlicher Hersteller, Fahrzeugtypen, Zulieferer und Komponenten Hard- und Software weitgehend voneinander entkoppelt. So können Entwickler ihre Softwarekomponenten hardwareunabhängig einsetzen – egal, von welchem Automobilhersteller das Fahrzeug stammt und von welchem Zulieferer die Komponente. Die mit der AUTOSAR-Methode entwickelte Software soll übertragbar sein und in jedem Fall funktionieren. Damit bleibt ein Programm wiederverwendbar und verhindert so, dass Entwickler das Rad immer wieder neu erfinden müssen.

Die AUTOSAR-Laufzeitumgebung (Runtime Environment, RTE) ist eine Middleware, die von den Steuergeräten (ECU) abstrahiert, sodass zwei Funktionen Daten ohne Kenntnis realer Geräte austauschen können. Quelle: AUTOSAR

Die Architektur unterscheidet zwischen drei Software-Layern: den Anwendungen (AUTOSAR-Software), dem Runtime Environment und der Basis (Basic Software). Die Schnittstellen dazwischen sind standardisiert. Die Komponenten kommunizieren über den Virtual Function Bus.

Nach dem Erscheinen der ersten AUTOSAR-Version 2005 hat es mittlerweile vier Major Releases gegeben, die nach und nach auch Multicore, funktionale Sicherheit und eine Kommunikation per Ethernet beherrschen. Zusätzlich führt die derzeit aktuelle Version 4.2.1 separat zur klassischen AUTOSAR-Release Acceptance Tests ein. Dabei handelt es sich um standardisierte Testfälle, die ein Überprüfen der Interoperabilität zwischen Basissoftware und Fahrzeugnetz erleichtern.

Für Release 4.3 planen die Standardisierer ein Crypto-Interface, das verschiedene Sicherheitsstandards abstrahiert, darunter Secure Hardware Extension (SHE) und Hardware Security Module (HSM) – Hardwaremodule, in denen kryptografische Schlüssel generiert und gespeichert werden. Zudem will man Software-Interfaces spezifizieren, die eine Integration von Car-2-X-Hardware in ein AUTOSAR-Steuergerät erlauben und sich auf die Rückwärtskompatibilität konzentrieren.

Adaptive AUTOSAR ab 2017

Aber es haben sich im Laufe der Jahre neue Funktionen ergeben, die 2003 noch nicht absehbar waren und die sich nicht ohne Weiteres in AUTOSAR integrieren lassen: etwa autonomes Fahren, Car-2-X-Kommunikation, die Anbindung des Fahrzeugs an die Cloud sowie der verstärkte Einsatz von Ethernet für die Datenkommunikation. Daher plant die Standardisierungsorganisation für 2017 eine zusätzliche Plattform: Während sie die traditionelle Plattform als Classic AUTOSAR weiter pflegt, wird es zusätzlich ein Adaptive AUTOSAR geben, das sich an diesen neuen Anforderungen orientiert. Außerdem will man Nicht-AUTOSAR- und Off-Board-Systeme einbinden. (tiw)