iX 1/2018
S. 136
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Launcher-Alternativen für Android

Startklar

Nicht allen gefallen die Werkseinstellungen eines Betriebssystems. Android-Nutzer können über diverse Launcher ihre Mobilgeräte individuell anpassen.

Einer der großen Pluspunkte, die Android gegenüber Plattformen wie iOS, Windows Phone beziehungsweise Windows Mobile 10 oder Tizen hat, ist seine Anpassbarkeit. Wie bei vielen generalisierenden Aussagen muss man jedoch auch hier in der Praxis Einschränkungen machen. Startet man mit der Open-Source-Version von Android (AOSP), lässt sie sich unter der AOSP-Lizenz zwar anpassen und modifizieren. Für normale Nutzer ist es jedoch nahezu unmöglich, AOSP auf einem handelsüblichen Android-Gerät zum Laufen zu bringen. In der Regel nutzen Gerätehersteller diese Version als Basis für ihre eigenen Android-Varianten und ergänzen sie um Gerätetreiber und andere hardwarenahe Software.

Leichtere Anpassbarkeit bieten Custom-ROMs, nachträglich zu installierende Firmware für Android-Geräte. Sie werden häufig genutzt, um Telefone und Tablets außerhalb des Update-Supports seitens der Hersteller mit neuen Android-Versionen zu versehen, oder eignen sich dazu, unliebsame Android-Varianten auch von modernen Telefonen zu vertreiben.

Versteckte Tücken

Die bekannteste Distribution ist „LineageOS“. Das Installieren eines Custom-ROM birgt jedoch Tücken. Der Prozess erfordert in der Regel das Entsperren von Bootloader und Systempartitionen sowie das Überschreiben des vorhandenen Betriebssystems mit dem neuen Custom-ROM unter Zuhilfenahme von Werkzeugen, die für Normalnutzer schwer zu handhaben sind.

An dieser Stelle setzen die Launcher für Android an. Sie stellen mit dem Homescreen und nachgelagerten Bildschirmen für App-Icons Kernelemente der Benutzerführung in Android dar. Üblicherweise sind sie für den Anwender die erste sichtbare App nach dem Start des Geräts. Es gibt so viele verschiedene Launcher, dass Wikipedia sogar eine eigene Übersichtsseite für diese App-Kategorie unterhält (siehe www.ix.de/ix1801136).

Wenn von Stock Android gesprochen wird, bezieht sich dieser Begriff oft auf den in AOSP mitgelieferten Google-Launcher. Hersteller ändern diesen und viele andere Dinge in AOSP für ihre eigene Android-Variante – leider nicht immer zum Besseren. Möchte man also ein HTC-Gerät zu einem gewissen Grad von der Benutzeroberfläche Sense UI befreien oder das neue Samsung-Telefon mit weniger TouchWiz-Elementen betreiben, sind Launcher ein Weg zu diesem Ziel.

Installiert man einen der Launcher über den Play Store, erlaubt das erstmalige Öffnen der App, sie als Standard-Launcher festzulegen. Wer das nicht möchte, kann den Launcher auch als normale App starten. Launcher und die anderen hier vorgestellten Android-nahen Werkzeuge greifen teilweise auf persönliche Daten zu und erfordern über das normale Maß hinausgehende Rechte.

Einer der populärsten Launcher ist der kostenlose „Nova Launcher“. Die App wurde erstmals zu Zeiten von Android 4 veröffentlicht und erwies sich bereits damals als Lebensretter für Nutzer diverser von Herstellern schlecht angepasster und modifizierter Android-Distributionen. Nova ist der flexibelste Launcher für moderne Android-Geräte und bietet eine Unmenge an Einstellungsmöglichkeiten.

Eine der einfachsten und visuell offensichtlichen Anpassungen ist das Desktop-Gitter zur Darstellung der App-Icons. Standard-Launcher stellen in der Regel nur ein vordefiniertes Layout zur Verfügung. Nova erlaubt hingegen Gitterdimensionen zwischen 2 × 2 und 12 × 12. In der Praxis wird man beide Extreme sicherlich nicht wählen, sondern das Standardverhalten von 4 × 4 oder 4 × 5 nur wenig nach oben oder unten ändern.

Nova ermöglicht auch das Platzieren von Icons auf den Zwischenpunkten des Gitters, sodass sich auch Icon-Layouts erzeugen lassen, die nicht perfekt rechteckig angeordnet sind. Auch die Icon-Labels kann man anpassen und Einfluss auf Abstände der Homescreen-Elemente nehmen. Im Fall mehrerer Homescreens erlaubt Nova Anpassungen wie das Auswählen visueller Transitionen oder das Setzen verschiedener Hintergrundbilder.

Die Liste der installierten Apps lässt sich analog zum Homescreen in vielen Details anpassen. Besonders nützlich ist das Hinzufügen und Verwalten einer Tab-Leiste am oberen Rand der Liste sowie die Angabe verschiedener Scroll-Richtungen und -Optionen. Ähnliche Einstellungsmöglichkeiten findet man für das Dock und Ordner mit Apps auf dem Homescreen.

Erweiterung durch Icon-Sets

Generelle UI-Einstellungen sind mit diesem Launcher ebenfalls möglich. Die App beinhaltet verschiedene Icon-Sets und lässt sich in einen UI-Modus ähnlich dem von Android 8 Oreo schalten. Die Benachrichtigungsleiste am oberen Bildschirmrand kann der Nutzer ganz ausschalten oder statisch fixieren. Die Oberfläche lässt sich durch eine Vielzahl von Iconsets erweitern, die einfach über eine Suche im Google Play Store zu finden sind.

Wer bereit ist, 5,25 Euro für Nova Launcher Prime auszugeben, erhält einige weitere Features freigeschaltet. Beispielsweise kann man damit die Größe der Homescreen-Icons anpassen, Ordner in der App-Liste erstellen und eigene Gesten für den Launcher definieren.

Nova Launcher erlaubt zudem die Integration der App „Sesame Shortcuts“. Diese bietet neben vielen vorgefertigten App-Shortcuts eine mächtige Suchfunktion, die sich in andere auf dem Gerät befindliche Apps integriert und sich über die Zeit an das Verhalten des Nutzers anpasst. Auch lassen sich eigene Shortcuts für eine Reihe von Apps erstellen. Die Hersteller von Sesame Shortcuts versprechen, dass alle gesammelten und ausgewerteten Daten nicht das Gerät verlassen. Die App ist kostenlos erhältlich. Nach 14 Tagen Nutzung erscheint jedoch bei jedem weiteren Aufruf eines Shortcut eine Nachricht, die man mit einem In-App-Kauf zum Preis von 3,19 Euro dauerhaft abschalten kann.

Wer lediglich eine elegante und leichtgewichtige Anwendung für sein Telefon oder Tablet sucht, sollte sich den kostenlosen „Evie Launcher“ anschauen. Dessen Kernfunktionen sind ein aufgeräumter Homescreen und eine schnell scroll- und durchsuchbare App-Liste. Nach erfolgter Installation bietet Evie Launcher an, eventuelle Homescreen-Konfigurationen von anderen bereits eingerichteten Launchern zu übernehmen und sich selbst als Standard-Launcher festzulegen.

Außer dem Homescreen und der App-Liste bietet dieser Launcher im Wesentlichen zwei Gesten an. Mit einer Wischgeste von oben nach unten gelangt man in die Suche, ein Verhalten, das sehr an iOS erinnert. Die gegenläufige Wischgeste von unten nach oben öffnet analog zu Geräten wie dem Galaxy S8 oder den Telefonen der Pixel-Serie die App-Liste.

Im Konfigurationsmenü finden sich Optionen zum Einstellen des Homescreen-Gitters und anderer UI-Elemente. Eine nützliche Geste ist „Lock on Double Tap“, mit der man das Gerät zu jeder Zeit sperren kann. Hier sei jedoch angemerkt, dass man Evie Launcher als Geräteadministrator installieren muss, wenn man den Doppel-Tap so nutzen will.

Ein kostenloser Launcher der etwas anderen Art ist „Hexy Launcher“. Die App stammt vom SwiftKey-Team und ist aus dem sogenannten Greenhouse des Herstellers hervorgegangen. Dabei handelt es sich um Innovationsprojekte, die im Rahmen von Hackathons oder Innovationsarbeitszeit entwickelt wurden.

Apps ein- und ausblenden

Hexy ist Homescreen und App-Liste in einem. Alle installierten Apps sind automatisch Siedler-von-Catan-artig auf dem Eingangsbildschirm in Hexfeldern dargestellt. Der zentrale Ring beinhaltet die sieben Apps, die Hexy als am häufigsten benutzt ansieht. Der Nutzer kann Apps nach Bedarf ausblenden und auf einem weiteren Bildschirm Homescreen-Widgets installieren. Hexy hat ein interessantes und innovatives Darstellungsmodell, an das man sich allerdings erst gewöhnen muss.

Fans der Nexus- und Pixel-Geräte von Google beziehungsweise deren Launchern können diese auch für verschiedene andere Android-Telefone im Play Store herunterladen. Es kann jedoch passieren, dass nicht alle Funktionen, die auf Nexus und Pixel verfügbar sind, auch auf den Geräten von Drittanbietern abgebildet werden. Das betrifft vor allem die nahtlose Integration des Google-Assistenten. Auf manchen Geräten lassen sich die Launcher auch nicht über Google Play finden und installieren, sondern müssen über eine alternative APK-Mirror-Seite heruntergeladen und manuell installiert werden.

Googles „Pixel Launcher“ für Tablets findet man ebenfalls nicht im Play Store. Den Launcher hat der Hersteller mit dem Pixel C ausgeliefert. Auf Geräten wie Samsungs Galaxy Tab S3 bietet er eine viel benutzerfreundlichere Oberfläche als der dort mitgelieferte „TouchWiz Launcher“. Installiert man den Pixel Launcher via APK-Sideloading von einer Seite wie apkmirror.com, muss man allerdings in Kauf nehmen, dass bei Software, die nicht aus einer offiziellen Quelle kommt, Sicherheitsrisiken bestehen können. (ka)