ICANN-Direktoren wollen mehr Effizienz

Die Papierschlacht um die Neuorganisation der Oberaufsicht über Internet-Adressen und Domain-Namen geht weiter.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Papierschlacht um die Neuorganisation der Oberaufsicht über Internet-Adressen und Domain-Namen geht weiter: Das Komitee von vier der insgesamt 19 ICANN-Direktoren, das Empfehlungen für eine Restrukturierung der Organisation für die Internet-Verwaltung vorlegen sollte, hat am Wochenende die Ergebnisse seiner Arbeit veröffentlicht. Explizit als "nicht repräsentativ" für das ICANN-Direktorium bezeichnet, kann man das Dokument doch als eine Art Konsens-Papier betrachten, nachdem sich das Komitee vor wenigen Tagen mit den übrigen Direktoren getroffen hatte, um das weitere Vorgehen zu diskutieren. Das Papier, dass die ICANN auf ihrer Website veröffentlichte, steht nun zur Kommentierung durch interessierte Nutzer frei -- die Kommentare sollen aber laut ICANN möglichst frühzeitig vor dem nächsten Meeting in Bukarest vom 24. bis zum 28. Juni eingehen.

Kernpunkt des Papiers sind Vorschläge für mehr Effizienz der Organisation, deren byzantinische Verwaltungs- und Entscheidungsstrukturen schon einige Kritik auslösten und unter anderem zur Forderung nach Neuausschreibung der ICANN-Aufgaben führten. Die ICANN müsse sich in eine effektivere Organisation verwandeln, um den eher größer werdenden Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, meint das Komitee nun. Dies dürften allerdings viele ICANN-Kritiker eher als eine Binse denn als eine herausragende Weisheit bezeichnen. Immerhin verwarf das ICANN-Komitee aber den Vorschlag des scheidenden Präsidenten Stuart Lynn, die Regierungen stärker an der Internet-Verwaltung zu beteiligen; die nationalen Regierungen sollen nicht mit einem Drittel der Sitze im ICANN-Aufsichtsgremium vertreten sein.

Dafür sollen insgesamt sieben Sitze im ICANN-Board an Domain-Registrare, Sicherheitsexperten, Deligierte von Regierungen und bereits etablierte Interessengruppen gehen -- alle vertreten durch die jeweiligen Chefs der ICANN-Unterorganisationen oder -Beratungskomitees. Eine nicht näher spezifiziertes Komitee, das die Länder-Registrys vertritt, soll ebenfalls einen Sitz erhalten. Nicht genauer umrissen wurde auch die Zusammensetzung eines Komitees, dass die Personen auswählen soll, die die Internet-User im ICANN-Direktorium vertreten. Das Konzept einer globalen Wahl dieser Vertreter durch die Nutzer selbst (im ICANN-Slang "At-large-Prozess" genannt) ist auch nach Ansicht der vier mit der ICANN-Reorganisation beschäftigten Direktoren endgültig vom Tisch. Sollte jemand der Ansicht sein, die ICANN verletze ihre selbst aufgestellten Regeln, soll er nach dem neuen Konzept eine Art "Ombudsmann" oder ein unabhängiges Überwachungsforum anrufen können.

Es bleibe dabei, dass die ICANN sich nicht um eine wie immer geartete inhaltliche Kontrolle oder die Ausgestaltung des Internet kümmere, sondern rein technische Aufgaben wahrnehme, heißt es in dem vorgelegten Dokument. Wie die ICANN in Zukunft diese umstrittene Selbstbeschränkung sicherstellen will, das ließ zumindest das Komitee in seinem Papier offen. Ebenso offen blieb, wie die Vorschläge tatsächlich zu einer Vereinfachung der Entscheidungsstrukturen und der Verwaltung der ICANN und damit zu mehr Transparenz und Effektivität führen sollen -- fügen sie der weit verzeigten Organisation doch eher neue Auswucherungen hinzu. Auch über Details der Finanzierung der ICANN, die nach Ansicht des Reorganisations-Komitees eine wichtige Rolle bei der Effektivität spiele, lassen sich die vier Direktoren in ihrem Papier nicht weiter aus. (jk)