Verbraucherschützer fordern Wettbewerb bei Internet-Verwaltung

US-Bürgerrechts- und Verbraucherschutzorganisationen wollen durch eine Neuausschreibung der Internet-Verwaltung und der ICANN-Aufgaben mehr Transparenz und Effektivität erreichen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Diskussion um die Neuorganisation der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), die unter anderem für die Verwaltung des DNS im Internet zuständig ist, wird um eine neue Argumentationsschiene bereichert. In einem Brief an die National Telecommunications and Information Administration (NTIA), fordert das Media Access Project, unterstützt von einigen Bürgerrechts- und Verbraucherschutzorganisationen, Konkurrenz für die ICANN. Die NTIA übt für das US-amerikanische Handelsministerium immer noch die Oberaufsicht über die ICANN aus und erscheint den Organisationen daher als der richtige Ansprechpartner für die Forderung, dass die ICANN endlich ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen und etwas mehr auf die Kommentare von Unparteiischen und Interessengruppen hören solle. Eine ähnliche Forderung nach Neuausschreibung der ICANN-Aufgaben hatte schon das Consumer Project on Technology des US-Verbraucherschützers Ralph Nader erhoben.

Das Media Acces Project, das sich selbst als unabhängige, nicht-kommerzielle Rechtsfirma bezeichnet, die der Öffentlichkeit das Recht auf Redefreiheit nach dem ersten US-Verfassungszusatz auch in den elektronischen Medien sichern will, konnte für die Eingabe die Unterstützung der American Civil Liberties Union, der Consumers Union, der Consumer Federation of America, des Electronic Privacy Information Center und der Electronic Frontier Foundation gewinnen. Die Organisationen sind der Ansicht, dass die ICANN mit anderen Organisationen oder Firmen darum konkurrieren solle, das DNS weiter verwalten zu dürfen. Dies werde dazu führen, dass die ICANN endlich der internationalen Öffentlichkeit eine bedeutendere Rolle in der Verwaltung des Internet zuweise.

"Die Geschichte der Vereinigten Staaten hat immer wieder bewiesen, dass Wettbewerb bessere Resultate erzielt als zentralistische Verwaltung", heißt es in der Eingabe an die NTIA. Konkurrenz für die ICANN bedeute zudem, dass das Handelsministerium eine Alternative für die Internet-Verwaltung habe, wenn die ICANN ihre Angelegenheiten nicht in Ordnung bringe. Argumentationshilfe erhalten die Organisationen ausgerechnet vom scheidenden ICANN-Präsidenten Stuart Lynn, den sie mit seiner Ansicht, die ICANN habe in ihrer gegenwärtigen Form versagt, explizit erwähnen. Zudem wird in dem Schreiben besonders kritisiert, dass die ICANN neue Domains nur im Schneckentempo einführe. Dadurch drohe auch die Meinungsfreiheit im Internet zu verkümmern.

Der Brief und seine Unterzeichner scheinen in der ICANN-Führungsriege für Nervosität zu sorgen. Gegenüber der Washington Post warf Lynn den Unterzeichnern vor, ICANN zu etwas machen zu wollen, was die Organisation nie sein sollte. "Die Hälfte der Unterzeichner waren nie auf einem ICANN-Meeting, daher bin ich mir nicht klar darüber, warum sie überhaupt unterschrieben haben; die andere Hälfte dieser Gruppe versucht die ICANN von einer eingeschränkten technischen Organisation zu einem weltweiten Experiment in globaler Demokratie zu machen", grantelte Lynn in einem Kommentar auf die Eingabe und die Kritik an den verschachtelten und nicht sehr transparenten Entscheidungsstrukturen der ICANN. (jk)