Reuters bestreitet Eindringen in Firmen-Rechner [Update]

Die Nachrichtenagentur hat Vorwürfe zurückgewiesen, in Rechner der Firma Intentia eingedrungen sein, um den Geschäftsbericht zu erhalten. Der ist laut Reuters im Web öffentlich zugänglich gewesen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Nachrichtenagentur Reuters wies erneut Vorwürfe zurück, in das Computersystem des schwedischen Software-Herstellers Intentia eingebrochen zu sein, um illegal an Geschäftsergebnisse zu gelangen und diese vorab zu veröffentlichen. Am Wochenende hatte der schwedischen Firma schwere Vorwürfe gegen Reuters erhoben. Danach seien die Daten des Geschäftsberichts am vergangenen Donnerstag von einem Rechner geladen worden, dessen IP-Adresse auf Reuters registriert sei.

Intentia hatte die Vorwürfe erhoben, nachdem Reuters schon vor dem geplanten Veröffentlichungstermin über die Quartalsergebnisse berichtet hatte -- und die waren weit schlechter ausgefallen als erwartet. Mittlerweile hat die Firma ihre eigenen Untersuchungsergebnisse zu dem Vorfall an die Strafverfolgungsbehörden zur weiteren Ermittlung übergeben.

Der Nachrichten- und Informationskonzern bezeichnete den Vorwurf als unbegründet. Vielmehr habe die Stockholmer Reuters-Redaktion auf der Internet-Seite von Intentia Informationen zu den Quartalszahlen entdeckt: "Diese Information stammt nicht von einem privaten oder einem Passwort-geschützten Webangebot, sondern aus dem öffentlichen Internet", teilte Reuters mit.

Reuters-Chefredakteur Geert Linnebank wies darauf hin, dass die Informationen für jeden Besucher des Intentia-Internetangebotes zugänglich gewesen seien: "Jeder -- aus der Öffentlichkeit, von einer anderen Nachrichtenagentur, ein Aktionär oder ein Händler -- hätte auf diese Informationen zugreifen können. Daher haben wir die Pflicht, diese zu veröffentlichen", sagte Linnebank. Er meinte, es gehöre zu dem Geschäft von Reuters als einer der führenden Nachrichtenagenturen, die Märkte mit kursbewegenden Nachrichten zu informieren. "Dabei verwenden wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel, jedoch auf legitime, ethisch einwandfreie Weise mit journalistischer Integrität."

Intentia-Chef Björn Algkvist hatte erklärt, für den Zugang zu den Informationen über die Geschäftszahlen sei ein Code mit 40 Zeichen nötig gewesen. Ein Firmensprecher teilte allerdings nach Agenturberichten inzwischen mit, dass es sich um eine auf der Web-Site der Firma nicht bekannt gegebene und auch nicht verlinkte URL gehandelt habe. Daher sei sie auch als nicht der Öffentlichkeit zugänglich zu betrachten; nach Ansicht der Anwälte der Firma stelle eine Nutzung der Informationen daher Diebstahl geistigen Eigentums dar.

Intentia wäre nicht die erste Firma, die durch einen Fehler im Web-Auftritt Geschäftsberichte vor dem eigentlich angekündigten Termin öffentlich zugänglich macht -- und dadurch in Gefahr gerät, Ärger mit der Börsenaufsicht wegen Verletzung der Publizitätspflicht zu bekommen. Selbst IT-Heavyweights wie Sun sind solche Fehler bereits passiert. Auch die Telekom-Tochter T-Online hatte im August mit Problemen bei ihrem Publikationssystem zu kämpfen, wodurch Bilanzen früher als geplant bekannt wurden. Fraglich bleibt ohnehin, wieso Reuters auf derartige Methoden angewiesen sein sollte, um die Bilanzen von Firmen vorab zu veröffentlichen, die nicht gerade zu den "Big Playern" auf dem Markt gehören. (jk)