Streckbank: Fotos gekonnt ins Posterformat wandeln

Für handliche Abzüge und den Bildschirm reicht die Auflösung nahezu jeder Digitalkamera aus, doch was tun, wenn das ausgewählte Foto als großformatiges Poster die Wand schmücken soll?

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Man stelle sich folgende Aufgabe vor: Für einen Messestand soll ein Foto im Format von 2,25 × 1,5 Metern die Firma würdig repräsentieren. Zur Verfügung steht allerdings nur eine 12-MPixel-Datei, die sich bei optimaler Auflösung von 300 ppi (Pixel per Inch) gerade einmal für die Ausgabe auf 37 × 25 cm eignet. Mehr als 300 Punkte pro Zoll kann das menschliche Auge nicht unterscheiden. Unterschreitet man diesen Wert aber allzu unbekümmert, tritt die Pixelstruktur des Bildes unangenehm in Erscheinung. Um die volle Auflösung für die Messe-Zeltplane zu generieren, muss das Bild in jede Richtung um den Faktor 6, also insgesamt auf 3600 Prozent vergrößert werden. Bei dieser Aufgabe helfen verschiedene Programme und Photoshop-kompatible Plug-ins.

Skalierungen auf mehr als 1600 Prozent führen allerdings zu keinem ansehnlichen Ergebnis mehr. In der Realität braucht man die volle Auflösung von 300 ppi nur bei einem Betrachtungsabstand von 25 cm. Für das Messebeispiel dürfte daher eine 16-fache Vergrößerung reichen. Sensible Fotografen und professionelle Designer neigen dazu, 16-fache Vergrößerung reflexhaft abzulehnen. Einige Hersteller von Spezial-Tools versprechen aber, Fotos selbst mit diesem Faktor bei guter Bildqualität interpolieren zu können. Wir haben uns angesehen, was herauskommt, wenn man Fotos mit Hilfe solcher Tools auf doppelte, dreifache, vierfache und sechzehnfache Größe interpoliert. Als Ausgangsmaterial dienten unkomprimierte 6-Megapixel-Fotos einer Spiegelreflexkamera, teilweise in Photoshop mit Schrift und Grafik versehen. Außerdem vergrößerten wir ein recht stark komprimiertes 4-Megapixel-JPEG einer Kompakten sowie Icons der Größe 512 × 512 Pixel auf 1600 Prozent.

Neben der Kantenschärfe war vor allem wichtig, ob beim Skalieren die Texturen verschiedener Oberflächen erhalten bleiben. Im Test trafen sich das Alien-Skin-Produkt BlowUp, GenuineFractals von OnOne Software, BenVista PhotoZoom, der Size-Fixer von FixerLabs, die MehdiZoom Engine sowie die aufwendigsten Algorithmen von Photoshop und IrfanView.

Erhöht man die Anzahl der Pixel im Bild und verteilt die bereits vorhandenen auf die größere Fläche, muss jemand die Lückenfüllen. Für diese Aufgabe stehen verschiedene mathematische Verfahren zur Auswahl. Der einfachste Weg vom A3-Format zur Zeltplanengröße führt über den Bildvergrößerungsdialog der Bildbearbeitung. Photoshop bietet mehrere Algorithmen: Per Pixelwiederholung (alias Nächster Nachbar) wird nur verdoppelt und in die Lücken geklebt. Alle Linien bleiben scharf. Der Nachteil: An diagonalen Kantenbilden sich kleine Treppchen (Aliasing).

Der bilineare Algorithmus arbeitet schnell, berücksichtigt aber lediglich die Pixel oben und unten sowie links und rechts vom betrachteten Bildpunkt. Das Resultat zeigt weniger Treppchen, weicht kontrastreiche Kanten aber stark auf. Der bikubische Algorithmus bezieht auch die diagonal angrenzenden, also insgesamt acht Pixel in die Berechnung ein. Er liefert besseren Kontrast und damit etwas schärfere Bilder. Die Varianten bikubisch schärfer und glatter sollen jeweils beim Vergrößern beziehungsweise Verkleinern helfen. Die Ergebnisse weichen aber nur marginal vom klassischen Bikubismus ab.

Der kostenlose Betrachter IrfanView bietet gleich sechs Algorithmen mit den klangvollen Namen Hermite, Triangle, Mitchell, Bell, B-Spline und Lanczos. Sie sind nach ansteigendem Rechenaufwand sortiert. Triangle und Mitchell liefern vergleichbare Ergebnisse wie Photoshops bilinearer Algorithmus. Die Resultate von Bell und Lanczos erinnern an die bikubische Rechenart. Bei JPEG-komprimiertem Ausgangsmaterial werden vorhandene Artefakte mit vergrößert. Anschließend wimmelt das Foto nur so von kleinen Maden und Würmern. Außerdem treten beim Einsatz von bikubischem und Lanczos-Algorithmus an Kanten mit starkem Farbkontrast Farbsäume auf. Kanten erscheinen abgesehen von der Methode Pixelwiederholung bei allen programmeigenen Methoden durch das Interpolieren weicher, sodass eine Nachbehandlung über unscharf Maskieren oder Hochpassfilter nötig wird.

So vergrößern die Algorithmen ein Schwarzweiß-Treppchen von 5 x 5 Pixel auf 10 x 10. Oben von links nach rechts: BlowUp, Genuine Fractals, PhotoZoom (S-Spline XL), PhotoZoom (S-Spline), SizeFixer, Zoom Engine. Unten: Hermite, B-Spline, Lanczos (jeweils IrfanView); Pixelwiederholung, bilinear, bikubisch (jeweils Photoshop).